In der Schweiz kann in fast allen Gewässern bedenkenlos gebadet werden. Dank Schutzmassnahmen und Anstrengungen bei der Abwasserreinigung sei die hygienische Wasserqualität in Flüssen und Seen sehr gut – so steht es auf der Webseite des Bundesamts für Umwelt.
Trotz dieser guten Ausgangslage sind unsere Gewässer nicht vor Verunreinigungen und Müll aller Art gefeit. Matthias Ardizzon, Präsident des Vereins Abfalltaucher Schweiz, kämpft gegen den «Gesellschafts-Güsel» im Wasser an.
Mit gleich gesinnten Vereinsmitgliedern führt er sogenannte «Cleanup Events» durch, an denen Gewässer punktuell vom Müll befreit werden. «Zum Teil werden wir von Gemeinden angefragt oder auch von Fischern, Passanten oder anderen Tauchern auf verunreinigte Gewässer aufmerksam gemacht.»
Eine Schatzsuche zugunsten der Natur
Ob im Luganersee, am Vierwaldstättersee, dem Murtensee oder der zürcherischen Limmat: es gibt praktisch überall etwas herauszufischen. Für die freiwilligen Taucherinnen und Taucher sowie die vielen helfenden Hände am Ufer bedeutet dies nicht nur mühsame Sisyphusarbeit, sondern auch eine gute Prise Abenteuer. «Wir machen das mit Herzblut. Es ist eine Art Schatzsuche, bei der alle Beteiligten etwas Spannendes finden möchten», sagt Ardizzon.
In der Limmat haben wir auch schon ein ‹Gummisusi› gefunden – oder einen Dildo.
Flaschen aller Art, Scherben, Büchsen, Badezeug wie Flossen, Schnorchel, Spielsachen, Velos, Elektro-Trottis, Container, Kühlschränke, Motorenteile, Bettgestelle, Anhänger, Tresors – die Palette an «Schätzen» ist gross. Es kommt immer darauf an, wo getaucht wird. «In der Limmat haben wir auch schon ein ‹Gummisusi› gefunden – oder einen Dildo.»
Die freiwilligen Taucherinnen und Taucher tauchen jeweils in Teams. Sie sind mit Tauchlampen, einem Abfallnetz und einer Oberflächenboje ausgerüstet, die oberhalb des Wasserspiegels anzeigt, wo sich das Team befindet. «Eine Herausforderung beim Tauchen ist es, auf dem Grund nicht allzu viel Staub und Dreck aufzuwirbeln, sonst ist die Sicht beeinträchtigt.»
Sämtliches Material, das nicht in den See gehört, landet im Abfallnetz, sofern es handlich genug ist. Bei grösseren und schwereren Dingen wie Mofas oder Fahrräder kommen sogenannte Hebesäcke zum Einsatz. «Ein Hebesack ist eine Art Ballon, den wir am Objekt befestigen und mit Luft füllen – dadurch steigt er mitsamt Material an die Oberfläche.»
Wichtige Arbeit, gutes Gefühl
Seinen Abfall nicht in der Natur liegenzulassen, sondern in einem Kübel oder Container zu entsorgen, ist für die meisten von uns selbstverständlich. Trotzdem gibt es gerade an stark frequentierten Orten – in diesem Fall an Gewässern – immer wieder Unverbesserliche, die den «Güsel» trotz Entsorgungsmöglichkeiten zurücklassen oder gar ins Wasser schmeissen.
Den Moment, indem kein «Güsel» mehr in den Gewässern herumschwimmen, werde er wohl nicht mehr erleben, sagt Matthias Ardizzon. «Solange die Menschen nicht verstehen, dass wir damit auch unser Trinkwasser verschmutzen, bleibt das Problem bestehen.» Umso wichtiger ist die Arbeit der Abfalltaucher. «Unsere Arbeit gibt mir ein gutes Gefühl. Dadurch können wir die Leute aufklären und ihnen bewusst machen, etwas mehr Sorge zur Umwelt zu tragen.»