Sexroboter spalten die Gesellschaft. Jedoch sind realistische Liebespuppen mit überzeugender Haut und austauschbaren Körperöffnungen weitaus verbreitet. Ein Interview mit Oliver Bendel, Maschinenethiker und Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz.
SRF: Liebespuppen sind Realität, Sexroboter werden es sein, liest man in Ihrem Buch «Maschinenliebe». Worin unterscheiden sich Liebespuppen von klassischen Gummipuppen?
Oliver Bendel: Moderne Liebespuppen sind mit dem, was Matrosen auf den Schiffen hatten, kaum vergleichbar. Sie haben Haut, die natürlich wirkt, Augen, die echt aussehen, einen ausgestalteten Mund und ausgestaltete, auswechselbare Körperöffnungen. Da sie über ein Metallskelett verfügen, kann man sie unterschiedlich positionieren. Zugleich sind sie damit recht schwer.
Wann spricht man von Sexrobotern?
Roboter sind sensomotorische Maschinen. Sie sind meist frei programmierbar. Es gibt einen Input, der zu einem Output führt. Der Input kann der Druck auf eine Stelle sein oder eine Anweisung. Der Output besteht etwa in einer Bewegung oder einer Äusserung. Sexroboter sind in der Regel Roboterköpfe auf Puppenkörpern. Sie können nicht umhergehen oder sich selbst ins Bett legen. Einige Liebespuppen sind aber technisch aufrüstbar.
Einige Sexroboter können verbale Feedbacks geben.
Deren «normale» Vagina kann mit einer intelligenten Vagina ersetzt werden, die die Leistung des Benutzers misst. Der Sexroboter kann daraufhin verbales Feedback geben.
Warum gehen Männer in ein Bordell mit Liebespuppen?
Nach unseren Erkenntnissen handelt es sich oft um junge, schüchterne Männer. Sie trauen sich nicht, mit einer realen Person intim zu werden. Manche Männer wollen auch einfach ihre Fantasie ausleben. Sie stehen auf Elfen und Mangamädchen, wie sie sie aus Comics und Games kennen. Das Bordell bietet ihnen die Möglichkeit.
Offenbar definiert die Pornobranche, was als weiblich attraktiv zu gelten hat. Die Roboter ähneln oft weissen Pornostars, haben übergrosse Brüste, Barbie-Taillen und wirken sehr kindlich. Weibliche Sexroboter werden zu Lustobjekten von Männern.
Die Hersteller schaffen Nachfrage durch ihr Angebot und befriedigen sie. Allerdings sind keinesfalls nur Stereotype auf dem Markt. Zumindest scheren Fantasyfiguren aus dem üblichen Muster aus. Hersteller experimentieren mit schwarzen Sexrobotern, trauen sich damit aber kaum an die Öffentlichkeit. Man fürchtet die Diskussion, dass schwarze Sexroboter die Sklavinnen weisser Männer sind. Auch mit männlichen Modellen wird experimentiert. Es gibt männliche Liebespuppen. Und Sexroboter: Harmony hat einen Bruder, Henry. Aber auch damit hält man sich zurück. Dafür ist der Markt für Sexspielzeug vor allem auf Frauen ausgerichtet.
Werden sich Sexroboter und Liebespuppen in einer Zeit, in der wir alles haben und auswählen können, mehr verbreiten? Es ist ja zurzeit auch noch ein ziemlicher Kostenpunkt.
Ich halte Liebespuppen und Sexroboter für eine Nische. Sie werden nicht dieselbe Bedeutung haben wie Sexspielzeug, das sich vor allem an Frauen richtet. Es könnte allerdings einen Wendepunkt geben. Wenn in 20 Jahren Androiden geschaffen werden, die äusserlich kaum noch von Menschen zu unterscheiden sind und die eine gewisse Bewegungsfähigkeit haben, könnte sich die Nachfrage erhöhen. Dann würden die Sexroboter auch plötzlich aktive Partner sein, was das Liebesspiel sehr viel interessanter macht.
Das Gespräch führte Sandra Schiess.
Die Sendung «Gast am Mittag» hören Sie in der Regel an Feiertagen. Wir sprechen dann mit Menschen, die etwas zu sagen haben aber meist mehr im Hintergrund wirken.
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