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Wer pädophil ist, bleibt pädophil
Aus Doppelpunkt vom 02.07.2019. Bild: Keystone/Christof Schuerpf
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Sexuelle Präferenz «Ich bin pädophil»

Pädophilie ist eine Störung. Veränderbar ist sie nicht. Pädophilie kann man deshalb nicht verurteilen, nur Taten.

Herr und Frau Schmid sitzen auf dem Sofa im Therapiezimmer des Forensischen Instituts Ostschweiz. Ihren richtigen Namen möchte das nicht verheiratete Paar nicht nennen. Er ist nicht kernpädophil, er ist hebephil. Das heisst, er fühlt sich von Mädchen im Pubertätsalter und erwachsenen Frauen angezogen.

Die beiden wollen nebeneinandersitzen, sich im Interview gegenseitig unterstützen. Sie wirken sehr vertraut. Kennengelernt haben sie sich erst nachdem er sich wegen Konsum von Kinderpornographie im Internet strafbar gemacht hat. Er sass ein halbes Jahr in Untersuchungshaft und bekam 50 Monate aufgeschoben zu Gunsten einer ambulanten Therapie.

Offen erzählen die beiden über eine schöne Beziehung mit einem ausgefüllten Sexleben. Und darüber, wie sie gemeinsam mit der Präferenz von Herrn Schmid umgehen.

Seine Präferenz und seine Tat führen immer wieder zu Gesprächen.
Autor: Frau Schmid Partnerin

Nach der Untersuchungshaft hat Herr Schmid sein Leben komplett geändert. Zuvor war der Hochschulabsolvent in einer leitenden Position. Je mehr Stress er hatte, desto mehr habe er konsumiert. Damit er nicht rückfällig wird, arbeitet er heute als Angestellter mit weniger Verantwortung, vermeidet Stresssituationen.

Ein paar Fakten

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  • Wer pädophil ist, bleibt pädophil. Pädophilie ist eine Störung der sexuellen Präferenz. Veränderbar ist sie nicht.
  • Das ändert nichts daran, dass Erwachsene, die sich an Kinder vergreifen oder Pornographie mit Kindern im Internet konsumieren, bestraft werden müssen.
  • Statistiken zeigen, dass sexuelle Übergriffe auf Kinder nicht nur von Pädophilen begangen werden. 25 bis 50 Prozent sind pädophil. Die restlichen Täter haben andere Beweggründe.

Outing als einzigen Weg

Herr Schmid war sich bewusst, möchte er die noch frische Beziehung zu seiner jetzigen Partnerin behalten, muss er mit ihr offen über seine Präferenz sprechen. Auch, weil er regelmässig zur Therapie musste. Er outete sich, als die Beziehung erst ein paar Monate alt war. Es habe ihr den Boden unter den Füssen weggezogen, sagte seine Partnerin.

«Es darf kein Tabuthema mehr sein»

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SRF: Was war das Schlimmste in dieser Situation?

Frau Schmid: Zu wissen, dass er Täter war. Das ist schwere Kost, auch heute noch. Wenn man versucht, es sich vorzustellen, dann tut das weh. Das ist schlimm. Und würde ich es meinen Freundinnen erzählen, ich glaube viele wären nicht mehr da.

Warum sind Sie bei ihm geblieben?

Weil ich zuerst den Menschen kennen- und lieben gelernt habe. Klar war es zu Beginn ein Zusammenbruch. Wir mussten von Null beginnen. Aber ich setzte mich mit dem Thema auseinander und weiss heute, dass sich Pädophilie niemand aussucht. Und, ich habe gesehen und sehe heute noch, was er alles unternimmt, um nicht rückfällig zu werden: Er geht engmaschig zur Therapie, hat seine Arbeit gewechselt, kennt seine Risiken. Nach wie vor verurteile ich seine Tat zutiefst und sie führt auch immer wieder zu Diskussionen. Aber er hat diese Präferenz und kann nichts dafür. Daneben ist er ein Mensch, ein Mann und etwas Besseres wie er hätte mir nicht passieren können.

Warum ist es Ihnen wichtig, in der Öffentlichkeit darüber zu sprechen?

Weil die Menschen mit einer pädophilen Neigung Teil unserer Gesellschaft sind. Man kann sie nicht wegrationalisieren. Je mehr die Gesellschaft akzeptiert, dass es Pädophilie gibt, desto besser können Opfer vermieden werden.

Es braucht Anlaufstellen, wo Betroffene einfach zu Hilfe kommen. In der Gesellschaft können sie nicht offen darüber reden, da heisst es nur: «Schwanz ab.» Es darf kein Tabuthema mehr sein.

Garantieren, dass Herr Schmid nicht rückfällig wird, können beide nicht. Sie versuchen aber alles, dass er nicht wieder zum Täter wird.

Kein Täterschutz

Das Forensische Institut Ostschweiz arbeitet derzeit mit rund 70 pädophilen Männern. Vier von fünf Patienten melden sich freiwillig für die Therapie an. 20 Prozent davon haben noch keine Übergriffe begangen. Viele sind straffällige Täter, die nicht rückfällig werden wollen. Betreibt man da keinen Täterschutz und vergisst die Opfer? «Nein, wir arbeiten mit den Tätern und machen damit Opferschutz», sagt Monika Egli-Alge, Psychologin und Geschäftsführerin des forensischen Instituts Ostschweiz.

Forio - Das forensische Institut Ostschweiz

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Angefangen hat das Unternehmen 2004 mit einer halben Stelle, heute arbeiten 26 Mitarbeiter für forio. Schwerpunkte sind die Therapie für Pädophile, Gutachten im Auftrag von Behörden im Bereich der Gewalt- und Sexualtherapie, aber auch psychologische Arbeit im Gefängnis. Der Jahresumsatz des forensischen Instituts Ostschweiz liegt nach eigenen Angaben bei 2,5 Millionen Franken. Über den Gewinn macht die Firma keine Angaben, sagt aber, dass er ins Unternehmen wieder investiert werde.

Ob die Arbeit allerdings auch Früchte trägt, ist offen. Es bräuchte Jahrzehnte, um wissenschaftlich zu belegen, wie hoch die Rückfallquote ist. Seit der Gründung des Instituts haben rund 80 Männer und eine Frau eine Therapie abgeschlossen: Reiche, Arme, Gebildete, Ungebildete, Verheiratete, Ledige, junge und ältere, sagt Monika Egli-Alge.

Kind versteckt sich unter dem Bett
Legende: Ein Prozent der Bevölkerung ist pädophil. Übergriffig werden davon weniger als die Hälfte. Keystone

Kein Täter werden

Das Institut Forio gründete Egli-Alge 2003 in Anlehnung an das deutsche Projekt und die Kampage «Kein Täter werden» von Charité Berlin. Ziel ist es, pädophile Menschen zu erreichen bevor sie übergriffig werden.

Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch und die SVP-Alt-Nationalrätin und heutige Zürcher Regierungsrätin Natalie Rickli möchten ähnliche Kampagnen: Sie haben den Bundesrat vor knapp drei Jahren mit einem Postulat beauftragt, die Wirkung von Präventionsprojekten für Pädophile zu untersuchen.

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