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Morgengast: Christine Brand, Krimiautorin
Aus Morgengast vom 23.04.2024. Bild: Keystone/Allessandro della Valle
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So entsteht ein Krimi Christine Brand: «Ich bin eine sehr gute Diebin»

Das Schreiben eines Buches kann auch eine echte Herausforderung sein. Das sagen zumindest einige, die erfolgreich Bücher veröffentlichen.

Ich «stibitze» viele Dinge aus dem realen Leben, besonders aus meiner Zeit als Gerichtsreporterin.
Autor: Christine Brand Krimiautorin

Eine davon ist die Schweizer Krimi- und Spiegel-Bestsellerautorin Christine Brand. Zum Welttag des Buches erschien ihr neuester Krimi «Vermisst» in den Buchläden.

Christine Brand

Christine Brand

Krimiautorin

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Christine Brand (51) war Journalistin bei verschiedenen Zeitungen, auch bei SRF. Seit 2018 ist sie offiziell Schriftstellerin. Sie hat 10 Krimis geschrieben – der neuste ist in diesen Tagen erschienen. Christine Brand ist im Emmental aufgewachsen und wohnt heute in Zürich und auf Sansibar.


SRF: Ein Buch besteht aus Hauptfiguren. Wie entsteht so eine Figur?

Christine Brand: Ich bin eine sehr gute Diebin. Ich «stibitze» viele Dinge aus dem realen Leben, besonders aus meiner Zeit als Gerichtsreporterin. Dort habe ich unzählige Täter und ihre Lebensgeschichten kennengelernt, was mir bei der Schaffung neuer Charaktere sehr hilft. Manchmal lasse ich mich auch von Kollegen inspirieren und mische ihre Eigenschaften mit anderen. So entstand beispielsweise die Kommissarin meines neuen Buches, Manu Löwenberg. Ich kombiniere alles wie in einem «Schüttelbecher» und erschaffe so neue Figuren. Diese lerne ich dann im Alltag besser kennen, indem ich ihnen Fragen stelle und sie entwickeln lasse, bevor sie zu Hauptfiguren werden.

Wie ist das, wenn man mit Ihnen befreundet ist? Hat man da nicht ein wenig Angst, plötzlich in einem Buch aufzutauchen?

Das passiert immer wieder, dass jemand, den ich kenne, etwas verklausuliert, plötzlich auftaucht.

Warum haben Sie jetzt eine neue Hauptfigur?

Mila Nova kam in neun Büchern vor und mit ihr geht es mir ein wenig wie damals, als ich noch Journalistin war. Wenn man jedes Jahr über die gleiche Veranstaltung berichtet, gehen einem irgendwann die Ideen aus. Es wird ein wenig repetitiv. Ich bin jemand, der nicht gerne Langeweile hat und deshalb hatte ich das Gefühl: Jetzt mache ich wieder einmal etwas Neues.

Wie gehen Sie bei einer Geschichte vor?

John Irving schreibt immer zuerst den letzten Satz und zielt dann genau dorthin. Das ist mir so noch nicht gelungen. Aber seit ich professionell schreibe, mache ich zuerst ein Exposé. Das heisst, ich schreibe auf zwanzig bis dreissig Seiten den ganzen Inhalt des Buches auf. Was ich beim Krimi vor allem wissen muss, ist das Delikt, das Opfer und vor das Motiv. Das ist für mich fast das Wichtigste. Wie der Fall aufgeklärt wird, ist noch nicht so wichtig. Wenn ich mit Schreiben beginne, schreibe ich sehr intuitiv.

Oh, das wäre jetzt ein cooler Cliffhanger
Autor: Christine Brand Krimiautorin

Intuitiv schreiben, wie muss ich mir das vorstellen?

Wenn ich das Exposé habe, weiss ich, wie mein Buch beginnt. Beim Schreiben komme ich vielleicht an eine spannende Stelle, bei der ich denke: «Oh, das wäre jetzt ein cooler Cliffhanger». Dann beende ich an dieser Stelle das Kapitel. Wie es weiter geht, kommt mir während des Schreibens spontan in den Sinn. Manchmal passiert es sogar, dass während sich meine Finger auf der Tastatur bewegen, irgendetwas in dem Buch passiert, das ich überhaupt nicht geplant habe. Ich schrecke dann zurück und frage mich: «Jesses Gott, was ist jetzt passiert?» Das sind wirklich sehr schöne Momente.

Kann eine Autorin während des Schreibens überhaupt noch mit anderen kommunizieren?

Man wird schon ein wenig zum Nerd. Es ist nicht einfach für das Umfeld. Deshalb schreibe ich auch gerne im Ausland. Auf Sansibar zum Beispiel wissen die Leute genau, wenn ich im «Beizli» sitze, müssen sie gar nicht erst versuchen, mit mir zu sprechen und wenn ich draussen sitze, bin ich ansprechbar. In Gedanken bin ich dann schon sehr in der anderen Welt und nicht in der wirklichen. Es ist mir auch schon passiert, dass ich die Welten verwechselt habe. Dass ich zum Beispiel dachte, es sei Frühling, weil im Buch Frühling war. Dann komme ich raus und es ist tiefster Winter.

Das Gespräch führte Elena Bernasconi.

Radio SRF 1, 23.4.2024, «Morgengast» um 7:15 Uhr;

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