Die Schweizer Behörden nutzen diverse Instrumente, um die Bevölkerung im Katastrophen- oder Krisenfall zu schützen. Seit einigen Jahren gehört dazu auch das Konzept der Notfalltreffpunkte.
Anlaufstelle für Informationen
Notfalltreffpunkte sind nicht zu verwechseln mit Schutzräumen, welche etwa bei bewaffneten Konflikten Schutz bieten sollen. Wichtigste Funktion der Notfalltreffpunkte ist es, die Menschen direkt vor Ort zu informieren – insbesondere dann, wenn alle anderen Kommunikationswege abgebrochen sind. Das ist beispielsweise bei einem grossen Blackout denkbar, bei dem auch Mobilfunk und Internet lahmgelegt werden.
An den Notfalltreffpunkten erfahren die Menschen, wie sich eine Gefährdungslage entwickelt, welche Verkehrswege offen sind, wann die Stromversorgung voraussichtlich wieder funktioniert, etc.
Und auch umgekehrt: «Wenn keine herkömmliche Kommunikation mehr möglich ist, lässt sich auch der Sanitätsnotruf nicht mehr erreichen», erläutert Christian Fuchs, Co-Leiter Ereigniskommunikation beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs): «Am Notfalltreffpunkt soll es möglich sein, einen solchen Notruf abzusetzen.»
Kantonale Unterschiede
Je nach Kanton bieten die Notfalltreffpunkte noch weitere Funktionen – etwa die Versorgung mit Trinkwasser und eine Notstromversorgung. Oder sie dienen auch als Schutzraum oder Sammelpunkt für Evakuierungen. Die Kantone regeln selbst, was die Notfalltreffpunkte im konkreten Ereignisfall leisten, und wann sie zum Zug kommen.
Doch damit hat es sich mit den kantonalen Unterschieden noch nicht erledigt. Einige Kantone kennen Notfalltreffpunkte seit fünf Jahren. Vorreiter waren hier die Kantone Solothurn und Aargau, welche das Konzept, unterstützt vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz, erarbeitet und eingeführt haben. Mittlerweile haben die meisten Deutschschweizer Kantone nachgezogen und ebenfalls Notfalltreffpunkte errichtet. Doch es gibt auch Kantone, darunter Tessin, Genf oder Schwyz, welche derzeit noch keine Notfalltreffpunkte haben.
Kampagnen zur Bekanntmachung
Ist das relativ neue Konzept im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen? Viele Kantone haben die Einrichtung mit entsprechenden Kommunikationsmassnahmen begleitet, zum Beispiel mit Broschüren oder Infoblätter. Für die Schweiz wurden aber keine Zahlen erhoben, wie bekannt das Konzept ist.
Es ist nicht sinnvoll, dass Menschen über die Notfalltreffpunkte informiert werden, wenn es sie in ihrer Gemeinde gar noch nicht gibt.
Derzeit ist auch keine nationale Kampagne geplant, um die Notfalltreffpunkte bekannter zu machen. «Es ist nicht sinnvoll, dass Menschen über die Notfalltreffpunkte informiert werden, und dann feststellen, dass es sie in ihrer Gemeinde gar noch nicht gibt», sagt Christian Fuchs vom Babs: «Schweizweite Informationsmassnahmen sind erst dann sinnvoll, wenn es in der ganzen Schweiz Notfalltreffpunkte gibt.»
Lehren aus der Ukraine
Bereits jetzt ein Thema ist allerdings, ob die Notfalltreffpunkte aufgrund der Lehren aus der Ukraine weiterentwickelt werden. Dort hat sich gezeigt, wie wichtig es den Menschen im Krisenfall ist, mit ihrem Umfeld in Kontakt zu bleiben.
Entsprechend will das Babs gemeinsam mit den Kantonen die Möglichkeit prüfen, ob es an den Notfalltreffpunkten künftig WLAN und Lademöglichkeiten für Smartphones geben soll oder solche Dienstleistungen andernorts zur Verfügung gestellt werden können.