Die Mutter von Chantal Plüss erkrankte an Krebs und starb innerhalb von fünf Monaten. Eine prägende Zeit für die ausgebildete Lehrerin und Heilpädagogin. Sie dachte damals: «Das überlebe ich nicht.» Sie hat es überlebt und ist heute ausgebildete Sterbe- und Trauerbegleiterin mit Schwerpunkt Kinder und Jugendliche. Was es zu beachten gibt, wenn die Jüngsten einen schweren Verlust erleiden, ist unterschiedlich, sagt Plüss. Drei Punkte.
1. Kinder trauern anders
«Die Trauerbegleitung von Kindern ist fast immer lustig.» Diese Aussage von Chantal Plüss überrascht. Aber die Erklärung scheint logisch. «Kinder sind sehr spontan und Kinder sind im Leben», sagt die Trauerbegleiterin. Wenn sie zu einer Trauerfamilie komme, merke sie ganz fest, dass Erwachsene durch eine sehr schwierige Zeit gehen. Sie waten durch ein «Trauermeer».
Bei den Kindern sieht man, wie schnell sie sich selber wieder regulieren können.
Kinder, vor allem wenn sie noch kleiner sind, trauern anders, meint die Fachfrau. Kinder würden noch natürlich und spontan trauern, wenn man sie lässt. Anders als die Erwachsenen stolpern sie in eine «Trauerpfütze». Was soviel heisst, dass sie von 0 auf 100 extrem traurig sind. Für Erwachsene sei ein solches Verhalten manchmal überraschend, wenn das Kind zuvor noch gespielt habe. Kinder würden diese «Trauerpfütze» auch rasch wieder verlassen, sagt Plüss. «Bei den Kindern sieht man, wie schnell sie sich selber wieder regulieren können.»
2. Teenager haben keine Zeit zum Trauern
Auch wenn es Grund zum Trauern gibt – Teenager wollen grundsätzlich nicht auffallen. Für sie sei es wichtig, in ihren «Peers» immer noch dazuzugehören. Bei einem Teenager spielen die Hormone verrückt und da passiert im Kopf und Körper ganz viel. Sie hätten gar nicht Zeit für die Trauer, meint Chantal Plüss. Sie lösen sich von den Eltern ab, beginnen die Ausbildung oder sind gerade verliebt. Dann schieben sie die Trauer auf. Von aussen hätten viele das Gefühl, der junge Mann, die junge Frau mache es extrem gut. Der Verlust ist gar kein Thema mehr.
Wichtig ist, dass man als erwachsene Person seine Gesprächsbereitschaft immer wieder anbietet, auch wenn der Teenager keine Lust dazu hat.
Sehr oft komme aber die Trauer im Erwachsenenalter wieder hoch. Auch bei Teenies könne der Umgang mit Trauer individuell sein, meint Plüss. Während sich die einen zurückziehen, seien andere sehr wütend auf die Welt und alle. Da könne es zu Selbstverletzungen kommen oder zu einem aggressiven Verhalten im Aussen. «Wichtig ist, dass man als erwachsene Person seine Gesprächsbereitschaft immer wieder anbietet, auch wenn der Teenager keine Lust dazu hat.»
3. Trauer kennt kein Alter
Traurigkeit ist ein Gefühl und Trauer ist ein Prozess, sagt Chantal Plüss. Viele würden die zwei Sachen vermischen. Trauer habe ganz viele Gesichter – Trauer ist sehr bunt. Das sei wichtig zu wissen, wenn man Menschen begegne, die eine nahestehende Person verloren hätten.
Trauern ist ein Marathon. Wie beim Langstreckenlauf geht es immer wieder bergab und bergauf.
Was es altersunabhängig immer brauche, sei Verständnis. Wer eine betroffene Person unterstützen will, muss aushalten können, denn diese befindet sich in einer Ausnahmesituation. Und man müsse sich im Klaren sein: «Trauern ist ein Marathon. Wie im Langstreckenlauf geht es immer wieder bergab und bergauf.»