Drei Monate gab es nur zwei Stühle aus dem Brockenhaus und das Dach von «Hildi» über dem Kopf. So nennt Stefanie Heinzmann liebevoll das 100-jährige Häuschen am Thunersee, das sie mit ihrem Partner bezogen hat. Aller Unkenrufe zum Trotz ist sie von Eyholz weggezogen. Weg vom sonnigen und vertrauten Wallis, wo sie im Schoss ihrer Familie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht hat.
Es sei an der Zeit gewesen, sich ein eigenes Nest aufzubauen, sagt die 35-Jährige. Fündig wurde sie auf der anderen Seite der Berge – da kann es ja auch schön sein, sagte sie sich. «Ich habe mich unsterblich in dieses Haus verliebt, und es heisst seit dem ersten Tag ‹Hildi›.» Stefanie Heinzmann strahlt, wenn sie von ihrem neuen Zuhause erzählt. Man habe ihr viel Nebel am Thunersee prognostiziert, aber sie hätte noch keinen einzigen Tag Nebel gesehen.
Selbstzerstörerische Zeiten hinter sich gelassen
Der Nebel hat sich auch bei Stefanie Heinzmann persönlich gelichtet. Zu jener Zeit, als die damals als 18-Jährige über Nacht zur Person des öffentlichen Lebens wurde, war das noch anders.
Als der sieben Jahre älterer Bruder mit dem Vorschlag kam, die kleine Schwester für die deutsche Casting-Show von Stefan Raab anzumelden, fand Stefanie Heinzmann das keine gute Idee.
Ich war geprägt vom Imposter-Syndrom: Meiner Meinung nach konnte ich nichts, und ich war zu hässlich.
Im Fernsehen aufzutreten, war für Stefanie Heinzmann undenkbar. «Ich habe mir das nicht zugetraut. Ich war geprägt vom Imposter-Syndrom: Meiner Meinung nach konnte ich nichts, und ich war zu hässlich.»
Zudem war sie ein Jahr zuvor noch in der geschlossenen Kinder- und Jugendpsychiatrie. Eingewiesen hat sie sich selber. «Ich habe mich selber verletzt und nichts mehr gegessen», erinnert sich Heinzmann. Innert kürzester Zeit habe sie viel Gewicht verloren und es fehlte ihr an Kraft.
Den Eltern gegenüber zollt Stefanie Heinzmann grossen Respekt. «Es muss so weh tun, eine Tochter zu haben, die man mit aller Liebe gross zieht und die so selbstzerstörerisch wird.» Sie sei ihren Eltern dankbar, dass sie nicht versucht hätten, sie zu therapieren. Statt Fragen zu stellen, hätten sie sie täglich in der Klinik besucht und mit ihr gejasst. «Sie waren einfach da und haben mich durch diese schwere Zeit getragen.»
Die Zeit durchzustehen, hat sich für Stefanie Heinzmann gelohnt. Sie wurde in den vergangenen siebzehn Jahren mehrfach ausgezeichnet, und im Mai ging für sie ein grosser Traum in Erfüllung.
Standing-Ovations in der Elbphilharmonie
Stefanie Heinzmann verlässt ihre musikalische Komfortzone und taucht in die Welt der klassischen Musik ein. Sie spielte zusammen mit dem Klassikorchester Mikis Takeover Ensemble in der Hamburger Elbphilharmonie vor ausverkauften Rängen und erntete dafür Standing Ovations.
Es sei nicht so schlimm, wenn sie mit ihrer eigenen Band schon mal den Text vergesse oder falsch abbiegen würde, «die Lautstärke und die Energie machen das wett.» Bei den Miki-Shows ist das anders – die seien «fiddleblutt» und man höre alles.
Mit dem Mikis Takeover Ensemble ist Stefanie Heinzmann immer noch unterwegs.
Je mehr ich unterwegs bin, desto besser läuft es.
Stefanie Heinzmann plant auch neue Musik und eine Tour. Dem Terminkalender ist es geschuldet, dass sie sich bei ihren Freunden meist meldet, wenn sie mit dem Auto unterwegs ist oder an einem Flughafen warten muss. Die viel beschäftigte Rock-Lady aus dem Wallis meint: «Ohne Reisen kann ich nicht arbeiten, und je mehr ich unterwegs bin, desto besser läuft es.»