Von der Haushaltshilfe zur Künstlerin
Annemarie von Matt (1905 – 1967) stammte aus einer kinderreichen Familie in Root (LU). Sie arbeitete einige Jahre als Haushaltshilfe. In Luzern lernte sie die Gold- und Silberschmiedin Martha Flüeler-Haefeli kennen, in deren Atelier sie sich erstmals gestalterisch betätigte.
Bald wurde sie Teil des Luzerner Künstlerkreises der 1920er Jahre, Mitglied des Schweizerischen Werkbundes sowie der Gesellschaft Schweizer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen. Von 1930 bis 1947 nahm die Autodidaktin regelmässig an Ausstellungen teil, erhielt Aufträge und beteiligte sich an Wettbewerben. 1935 heiratete sie den Nidwaldner Maler und Bildhauer Hans von Matt und zog nach Stans. In dieser Zeit begegnete sie dem Priester und Schriftsteller Josef Vital Kopp. Ehe und Zeitstimmung engten sie ein. Sie zog sich zunehmend aus der Gesellschaft zurück.
Mit ihrem künstlerisch-literarischen Werk sprengte Annemarie von Matt zu ihren Lebzeiten die Grenzen der Konvention. Nach ersten gestalterischen Arbeiten in Form von Ölmalerei, Techniken der Volkskunst und religiös-ländlichen naiven Bildwelten, traten Malerei und Grafik in ihrem Schaffen in den Hintergrund. Objektkunst und Zeichnung rückten ins Zentrum. Gleichzeitig setzte ihr literarisches Schaffen ein. Ihr Interesse für das Fragmentarische in der Kunst wie in der Sprache zeigte sich deutlich, das Unvollständige und Versehrte war ihr wesentlich. Sie notierte Gedanken, schrieb Briefe und Gedichte, sammelte alltägliche Materialien für mögliche Kunstobjekte.
Die Fiktionalisierung des eigenen Lebens
Ihr Schaffen ist eng mit ihrer Autobiographie verknüpft, Leben und Kunstschaffen sind kaum voneinander zu trennen. Im Grunde fiktionalisiert sie ihr gesamtes Leben mittels Figuren, Zeichnungen, Skizzen, Briefen, Gedankennotizen und Zetteln mit Wortspielen und Aphorismen.
Annemarie von Matts Schaffen, ihre Fragestellungen und Arbeitsweisen sind hochaktuell. Dies zeigen nicht zuletzt die Arbeiten von acht zeitgenössischen KünstlerInnen und AutorInnen, die sich im Blick auf die Ausstellung mit der Stanser Künstlerin beschäftigt haben und mit ihrem Werk in Dialog treten.
Antiquariat von Matt: grosse Schätze, kleine Bücher
Staunenswert wie das künstlerische Werk von Annemarie von Matt ist das renommierte Antiquariat von Matt. 1836 gegründet und immer noch in Familienbesitz, birgt es etwa 250'000 antiquarische Bücher. Die Schwerpunkte des Bestandes liegen bei den Spezialbereichen Theologie, Helvetica, Alte Drucke (vor 1750 erschienen) und allgemeine Geisteswissenschaften.
Die Bücher gelangen aus Bibliotheksauflösungen, privaten Nachlässen oder dank Ankäufen auf Auktionen ins Antiquariat. Zu den Kunden gehören Universitätsbibliotheken, Archive sowie Sammler aus der ganzen Welt. Gerhard Becker steht dem Antiquariat seit über 30 Jahren vor. Wenn der Fachmann aus der Geschichte des Buchdrucks vom Mittelalter bis in die Neuzeit erzählt und Preziosen zeigt, ist seine Leidenschaft für alles Gedruckte mit Händen zu greifen. Mit besonderer Sorgfalt nimmt er das «kleinste Buch der Welt» zur Hand – es ist mit 3,5 x 3,5 Millimetern zweifellos das kleinste Objekt im grossen Schatz dieses Bücheruniversums.
Programm
- Individuelle Anreise
10.30 Uhr:
Begrüssung am Bahnhof Stans
bis 12.15 Uhr:
Begrüssung in der Buchhandlung von Matt (Martin von Matt); Führung durch das Antiquariat von Matt (Gerhard Becker)
12.45 bis 14 Uhr:
Mittagessen* im Höfli/Wirtschaft zur Rosenburg
14 bis 15.30 Uhr:
Einblick in den Nachlass von Annemarie von Matt (Agatha Flury) und Lesung von Texten (Martina Kuoni)
15.45 bis 16.30 Uhr:
Besuch der Ausstellung «Annemarie von Matt – widerstehlich» im Winkelriedhaus/Museum Nidwalden
ca. 16.30 Uhr:
Ende der Veranstaltung
Konzipiert und begleitet wird der Streifzug von Martina Kuoni, Germanistin und Literaturvermittlerin aus Basel.
*Aus aktuellem Anlass, besteht die Möglichkeit sich individuell zu verpflegen.