Früher waren es das Cabaret Rotstift, Emil oder César Keiser, heute heissen sie vermehrt Kiko, Jozo, Zeki oder Reena. Während erstgenannte in ihren Nummern meist die pure Schweiz vertraten, haben einige der heutigen Komiker und Komikerinnen Wurzeln in aller Herren Länder – von der Dominikanischen Republik über Kroatien, der Türkei bis Sri Lanka. Und auch sie bringen das Publikum zum Lachen. Dabei spielen sie virtuos mit Klischees und den kulturellen Unterschieden zwischen der Schweiz und den Herkunftsländern ihrer Eltern. Es funktioniert bestens, wenn beispielsweise das letztjährige SRF3 Best Talent Comedy, Reena Krishnaraja, auf der Bühne erzählt, dass aus ihrem Namen durchaus «René Fischreiher» wird, wenn sie telefonisch einen Tisch im Restaurant reserviert.
Oder wenn der frisch gebackene SRF 3 Best Talent Comedy-Sieger Jozo Brica mit kroatischen Wurzeln aus seiner Kindheit erzählt. Da bleibt bei Themen wie Berufswahl oder Taschengeld kein Auge trocken. Warum? Weil es nicht nur witzig, sondern auch authentisch ist. Und weil sich das Publikum sicher sein kann, dass es nicht über, sondern mit dem Protagonisten lacht.
Reena, mehr als die «Tamilin aus dem Appenzell»
Comedy mit Migrationshintergrund ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. Das stellt auch die Appenzeller Komikerin mit tamilischen Wurzeln, Reena Krishnaraja, fest. «Wenn man konstant den Vergleich hat zwischen zwei Kulturen, gibt das automatisch viel zu erzählen.» Dass der Trend allenfalls zu einer gewissen Übersättigung führen könnte, glaubt sie nicht. «Es ist ja nicht so, dass alle das Gleiche erzählen», sagt sie. «Die eigene Perspektive und die persönlichen Erlebnisse machen es aus.»
Klischees, kulturelle Unterschiede, Absurditäten: Dass man auf der Bühne etwas übertreiben muss und so allenfalls auch Menschen auf den Schlips stehen könnte, gehört für Reena dazu. «Meine Mutter ist stolz auf mich. Aber ihr ist es schon wichtig, dass ich die Familie nicht blossstelle.» Ausserdem möchte die 20-jährige Sozialwissenschaftsstudentin dereinst nicht bloss auf ihre Wurzeln reduziert werden. «Ich bin mehr als nur die Tamilin aus dem Appenzell, ich gehöre zur ‹Gen Z›, wohne in Bern, studiere und habe definitiv noch andere Dinge zu erzählen.»
Komiker Rocchi und Spence als Vorreiter
Auch wenn in der Schweizer Comedy-Szene derzeit einige Künstler und Künstlerinnen auf die Karte der sprachlichen und kulturellen Unterschiede setzen: Diese Art von Comedy ist hierzulande alles andere als neu. Frank Baumann, Direktor des Arosa Humorfestivals, erwähnt zum Beispiel den Italo-Schweizer Massimo Rocchi, der Mitte der 90er-Jahre mit seinem Programm «Äuä» das Publikum begeisterte.
Oder den Komiker Rob Spence, ursprünglich aus Australien, der immer wieder mit den Eigenheiten der verschiedenen Kulturen spielt.
Für Frank Baumann ist klar: «Grundsätzlich lachen die Leute gerne über Minderheiten.» Für Menschen mit Migrationshintergrund sei es diesbezüglich etwas einfacher, verschiedene kulturelle Gepflogenheiten aufs Korn zu nehmen – was aber noch lange kein Freipass für die grossen Bühnen sei. «Herkunft und Ethnie sind mir als Veranstalter egal. Für mich gibts nur die Frage, ob die Person gut ist oder nicht.»