«An der Börse investieren ist für Reiche. Normale Leute sparen.» Das hat Angela zuhause gelernt. So hat die 32-jährige gelernte Buchhändlerin immer brav Geld gespart. Finanzen, Zahlen, Mathe, war sowieso nie ihr Ding. Bis der Schock kam.
«Ich hatte immer ein komisches Gefühl»
Weil Angela sich nicht mit ihren Finanzen beschäftigen wollte, steckte sie ihr Erspartes einfach in ein Finanzprodukt einer Versicherung – auf Anraten eines Bekannten. «Zwar hatte ich beim Blick auf die Auszüge immer ein komisches Gefühl», darum gekümmert hatte sich die Innerschweizerin aber nie. Bis sie über Instagram auf einem Podcast einer deutschen Finanzbloggerin gelandet ist. Diese erzählte, wie sie viel Geld mit einem ähnlichen Finanzprodukt verloren hatte. Jetzt rechnete Angela nach. Und bemerkte: 4000 Franken musste sie sich ans Bein streichen.
Die Welle von Kleinanlegern ist ein Vorbote für einen Börsen-Crash
Es war der Moment, in dem die Innerschweizerin entschied, etwas zu ändern. «Ich habe immer Stunden damit verbracht, Hotels zu suchen, wenn ich in die Ferien ging. Aber für meine Finanzen hatte ich nie Zeit.» Nun recherchierte die heutige Direktionsassistentin, schaute Youtube-Videos, las Finanz-Blogs und entschied, ihr Erspartes an der Börse zu investieren.
Hobby-Trader stürmen die Börse
Wie Angela haben hierzulande in den letzten Monaten Zehntausende ein Trading-Konto eröffnet. «Wir hatten wahnsinnig viel Konto-Eröffnungsanträge», sagt Marc Bürki Gründer und Chef der grössten Onlinebank der Schweiz, Swissquote. Zeitweise habe man pro Woche 5000 Anträge erhalten. Fünfmal mehr als in normalen Wochen.
Vorzeichen für den Crash
«Wir sind in einer Welle, in der Privatanleger und -anlegerinnen wieder sehr aktiv sind», stellt der ehemalig Chef der Schweizer Börse Christian Katz fest. Ein Phänomen, das er schon mehrfach beobachtet hat. Zum Beispiel vor der Finanzkrise 2007, um die Jahrtausendwende oder auch zu Beginn der 1990er- Jahre. Katz sieht darin ein Warnsignal für die Börse: «Es ist eine Wellenbewegung vor dem Wendepunkt».
Die Welle von Kleinanlegern sei ein Vorbote für einen Börsen-Crash, meint Katz mit Blick auf die Vergangenheit. Allerdings fragt sich auch der ehemalige Börsenchef, wann der Crash kommen wird. Denn wir seien in der grössten Geldschwemme der jüngsten Zeit.
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Geldschwemme ein Problem
Tatsächlich geben Regierungen Milliarden aus, und Notenbanken pumpen unablässig Geld ins System, um die Wirtschaft – und damit die Börsen – zu stützen. Ein Beispiel dafür sind die tiefen, zum Teil gar negativen Zinsen. Diesen erlauben es günstig Geld aufzunehmen, sei es, um eine Firma zu gründen oder ein Haus zu kaufen. Diese Geldschwemme hat allerdings einen Nebeneffekt.
Sparer und Sparerinnen werden durch die tiefen Zinsen zum Spekulieren an der Börse gedrängt. So sieht es die Kleinanlegerin Angela welche auf missfinance.ch über ihre Erfahrungen bloggt. «Früher gab es auf dem Sparkonto Zins», das Vermögen sei automatisch gewachsen, «das habe ich nicht mehr erlebt», meint Angela. Ein wichtiger Grund weshalb sie heute das Risiko nimmt und ihr Erspartes in Aktien steckt, anstatt sicher auf dem Sparkonto zu bunkern.
Ich habe immer Stunden damit verbracht, Hotels zu suchen, wenn ich in die Ferien ging. Aber für meine Finanzen hatte ich nie Zeit.
Auf den drohenden Börsen-Crash sei sie vorbereitet, hat Angela das Gefühl, um dann mit einem Schmunzeln anzuhängen: «aber das ist einfach zu sagen bei Sonnenschein und steigenden Börsenkursen. Wir können noch mal sprechen, wenn der Crash da ist.»