Ich habe noch nie eine Person mit einem Augapfel-Tattoo gesehen. So real vor mir. In der Tätowierszene nennt man es «Eyeball-Tattoo» und in der Schweiz gibt es erst ganz wenige Menschen damit. Umso gespannter war ich auf Lorena und ihre violetten Augen, welche sie erst vor Kurzem tätowieren liess.
Wieso liess Lorena sich die Augen tätowieren?
Ganz ehrlich... Ich persönlich liebe Tätowierungen, aber wenn ich an ein Eyeball-Tattoo denke, «tschudderet» es mich ein bisschen. Wieso macht man das? Lorena hatte den Wunsch über mehrere Jahre: «Ich finde Augen etwas derart Schönes, sie sind das Fenster deiner Seele und mitten in deinem Gesicht. Und ich finde es schön, wenn man da ein bisschen Farbe reintun kann, um sie noch mehr zu betonen.»
Wie funktioniert das überhaupt?
Man kann keine Muster wie bei üblichen Tätowierungen stechen, der Augapfel wird mit einer Farbe eingefärbt. Die Farbe ist zwar Tätowiertinte, aber eine Tätowiermaschine braucht es dafür nicht. Lorena erzählt:
Man kriegt pro Auge mehrere Spritzen. Bei mir waren es je drei: eine vorne beim Auge, eine auf der Seite und eine oben. Dort ist dann zuerst nur ein kleiner Farbpunkt, welcher sich mit der Zeit langsam verteilt. Man muss Geduld haben, bis man das Resultat sieht.
Man solle es sich vorstellen wie zwei Glasscheiben, zwischen die man Farbe spritzt, welche sich dann ausbreitet. Bei den Augenschichten sei es dasselbe Prinzip. Momentan hat es noch weisse Stellen in Lorenas Augen. Sobald es verheilt ist, werde sie nochmals gehen, um wirklich alles violett zu tätowieren.
Welche Risiken hat sie auf sich genommen?
Lorena erzählt mir gelassen: «Wenn man zu viel Farbe auf einmal ins Auge spritzt, besteht die Gefahr, dass sich die Tränensäcke einfärben. Was dann für immer bleiben würde, weil man es nicht lasern kann. Oder wenn sich der Augendruck erhöht, könnte es die Farbe vor die Netzhaut spülen und dann besteht das Risiko, dass man erblindet. Darum tätowiert man auch nur ein Auge pro Termin und erst einen Monat später dann das zweite Auge.»
Ich bin paff und starre Lorena an. Ob ihr das nicht brutal Angst einjagte? Sie antwortet:
«Im ersten Moment hat es mich auch geschockt und klar, es machte mir durchaus Angst, was alles passieren kann.» Aber die Angst war kleiner als der Wunsch nach dem Augentattoo.
Tut das nicht enorm weh?
«Es ist schon unangenehm. Es ist ein Eingriff, aber es ist auszuhalten», sagt Lorena.
Wie reagierte ihr Umfeld?
Lorena wohnt noch bei ihren Eltern. Ihre Mutter war vorbereitet und informiert über das Vorhaben von Lorena. Der Vater wusste von nichts. «Als ich vom Tattootermin nach Hause kam, war das Auge halt noch geschwollen und dann sagten meine Eltern beide «Oh mein Gott, Lorena! Was hast du gemacht?» Ich versuchte ihnen zu erklären, dass das Augentattoo für mich Schönheit bedeutet und dass es für mich eine Lebenseinstellung ist.»
Sie arbeitet im Dorfladen und hat täglichen Kundenkontakt. Es gebe alle Reaktionen von «Oh, mega cool» bis «Okay, es gibt Schlaueres». Das Interesse an ihrem Augentattoo sei gross, das merke sie vor allem bei der Arbeit an der Kasse. Viele möchten ihre Augen ganz genau anschauen und möchten wissen, wie es gemacht wurde.
Lorena schliesst ab mit den Worten: «Seit ich meine Augen tätowiert habe, schauen mir die Leute mehr in die Augen. Es gibt einen intensiveren Augenkontakt. Das finde ich schön.»