Bekannte Situation: Man steht ewig für einen Kaffee an und wenn man ENDLICH an der Reihe ist, stellt man mit Schrecken fest, dass man nur mit Bargeld bezahlen kann. Im Portemonnaie: gähnende Leere. Mehr als ein paar Fünf- und Zehnräppler sind nicht zu finden.
In solchen Momenten ist man froh, wenn die Verkäuferin mal ein Auge zudrückt – wie im Fall von SRF3-Moderatorin Anna Zöllig: «Die Bedienung meinte, ich könne auch beim nächsten Mal bezahlen. So konnte ich meinen Cappuccino doch noch geniessen.» Oder wenn einem Freundinnen aus der Patsche helfen, wie bei SRF3-Moderatorin Céline Werdelis: «Nach einer Wanderung hatte ich richtig Bock auf Pommes mit Ketchup. Als ich zahlen wollte, hiess es: Nur mit Bargeld. Glücklicherweise hatte meine Freundin genügend Bargeld – sonst wäre ich wohl heute noch da oben am Teller waschen!»
Bargeld ist nicht mehr Nummer 1 ...
Dass man in Läden und Restaurants ausschliesslich mit Bargeld bezahlen kann, wird immer seltener. Schon seit 2015 sind Bargeldtransaktionen jährlich um rund 4,5 Prozent zurückgegangen. Und spätestens seit der Pandemie hat sich dieser Trend noch verstärkt, sagt Alexander Verbeck von der SIX Group: «Mit dem Corona-Effekt hatten wir in einem Jahr einen Rückgang von rund 50 Prozent.»
Mit dem Corona-Effekt hatten wir bei den Bargeldtransaktionen in einem Jahr einen Rückgang von rund 50 Prozent.
Letztes Jahr hat die Debitkarte das Bargeld als meistgenutztes Zahlungsmittel abgelöst – wenn man die Anzahl Transaktionen betrachtet. Das Bargeld liegt neu auf Platz zwei, die Kreditkarte auf Platz drei. Etwas anders sieht es aus, wenn man den Umsatz betrachtet: Da liegt ebenfalls die Debitkarte an der Spitze, gefolgt von der Kreditkarte. Das Bargeld ist nur auf Platz drei (siehe Box).
... aber immer noch sehr beliebt
Doch obwohl immer weniger mit Bargeld bezahlt wird, ist es nach wie vor hoch im Kurs: 2020 haben in einer Umfrage der Nationalbank 97 Prozent der Menschen angegeben, dass sie weiterhin Bargeld dabei haben möchten – beispielsweise für die Bezahlung kleinerer Beträge.
Nur 20 Prozent der Menschen sind für eine Abschaffung des Bargeldes. 40 Prozent sind ganz klar dagegen – unter anderem aus emotionalen Gründen.
Zudem gibt es beim Bargeld den Nostalgiefaktor: «Ein Geburtstagsgeschenk, ein Göttibatzen oder eine Belohnung für eine gute Note – Bargeld löst bei den Menschen immer noch viele Emotionen aus», sagt Marcel Stadelmann von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Laut einer Befragung der ZHAW sind 40 Prozent ganz klar gegen eine Abschaffung des Bargeldes. Nur 20 Prozent sprechen sich dafür aus. Und: Gerade ältere Menschen in ländlicheren Regionen bezahlen lieber mit Bargeld als mit Karte – weil das Bargeld mehr zwischenmenschliche Kontakte ermögliche, sagt Alexander Verbeck von SIX – zum Beispiel am Bankschalter.
Ältere Menschen in ländlicheren Regionen bezahlen eher mit Bargeld als mit Karte – weil ihnen Bargeld mehr zwischenmenschliche Kontakte ermöglicht.
Der Nachteil der Karten: Hohe Gebühren
Dass die Debitkarte aktuell die Nummer eins ist, liegt natürlich daran, dass sie grosse Vorteile hat: die schnelle Abwicklung der Zahlung und eine automatisierte Abrechnung, wie Casimir Platzer von Gastrosuisse sagt. Gleichzeitig aber auch gewichtige Nachteile: «Die Kartenzahlung ist mit Kosten verbunden: Man braucht ein Gerät und muss Kommission bezahlen.»
Für Ralf Beyeler des Vergleichsdienstes Moneyland sind die Kartengebühren aktuell ganz klar zu hoch: «Dass die Gebühren fast 1 Prozent des Umsatzes ausmachen, ist nicht zu rechtfertigen. Der Aufwand für eine solche Transaktion ist relativ niedrig. Die Kartenfirmen verlangen einen zu hohen Preis – weil sie damit Geld verdienen wollen.»
Solch hohe Kartengebühren sind nicht zu rechtfertigen.
Einige Unternehmen verzichten ganz auf die Möglichkeit der Kartenzahlung – angeblich, weil es sich für sie nicht lohnt. Doch dieses Argument lässt Roland Rupp vom Schweizerischen KMU-Verband nicht gelten: «Wenn die Transaktionsgebühren derart ins Gewicht fallen, dann sollte man sich vielleicht die Kostenstruktur des Unternehmens genauer anschauen.» Viel schlimmer sei es, wenn Kunden wegen fehlender Zahlmöglichkeiten abspringen.
Der Trend: Mobiles Bezahlen
Sowieso könnte auch die klassische Debit- und Kreditkarte bald ausgedient haben. Der Trend geht in Richtung mobiles Bezahlen, wie Roland Rupp vom Schweizerischen KMU-Verband sagt: «Der nächste Schritt ist, dass die Leute mit dem Smartphone oder mit der Smartwatch bezahlen. Da können die Karten ja auch hinterlegt werden.»
Der nächste Schritt ist, dass die Leute mit Smartphone oder Smartwatch bezahlen.
Und auch Kryptowährungen werden immer mehr ein Thema: «Es gibt Kryptowährungen, bei denen man direkt von Smartphone zu Smartphone Geld versenden kann. Da sind die Gebühren sehr tief», sagt Roland Rupp. Das heisst: Auch die Tage der physischen Debit- und Kreditkarten scheinen wohl gezählt zu sein.