Neil Tennant mag sein Alter. Irgendwie. Er sei noch immer fit, meint er im Interview mit SRF 3 augenzwinkernd. Die Pet-Shop-Boys-Ikone verweist dabei auf ein Zitat ihres Vaters: «Es ist in Ordnung, 60 zu sein und es ist in Ordnung, 70 zu sein. Aber es ist seltsam, 80 zu sein.»
Neil Tennant ist ein Grandseigneur, ein kultivierter Kopf. Einer, der nonchalant Smalltalk betreibt und gleichzeitig einen neuen Gedanken ins Spiel bringt. Wer würde bei so einem Zitat nicht auf die Idee kommen, ihn in zehn Jahren zu fragen, ob es sich nun wirklich so seltsam anfühlt, 80 zu sein? Oder nochmals nachhaken?
Der ehemalige Musikjournalist versteht es, auf die feine englische Art im Gespräch zu bleiben. Mit Ironie und Humor über Missstände und Ungerechtigkeiten in schlauen Songtexten. Und mit Ansichten, die beflügeln oder zum Nachdenken anregen.
Der Brite hat Klasse. Musikalisch und menschlich. Zusammen mit Chris Lowe und dem euphorisch-melancholischen Electro-Sound steht er seit über vier Jahrzehnten für die zeitlose Musik-Institution Pet Shop Boys.
1985 wurde er Popstar mit 31 Jahren. Seit dem Durchbruch mit dem Track «West End Girls» sind die beiden erfolgreich im Pop-Geschäft zu Hause. Am 10. Juli 2024 wird Neil Tennant 70 Jahre alt.
Die Rebellion findet im Privaten statt
Obwohl die Boys schon im Rentenalter sind und genau das landläufig ein Anker für mehr oder weniger gelungene Witze ist: Das Geburtstagskind schert sich nicht darum.
Alter sei nur eine Zahl, es sei viel wichtiger, wie man sich fühle und welche Einstellung man zum Leben habe, sagt er.
Und sieht es als Akt der Rebellion, nicht weiter darauf einzugehen. Oder gar mehr über sich zu erzählen: Privates bleibt bei den Pet Shop Boys privat. So war es schon immer. So bleibt es auch heute, wo es sonst gang und gäbe ist, auf Social Media alles über sich preiszugeben.
Der Humor als schönste Form der Intelligenz
Das Persönliche findet man in den tiefgründigen Texten, die Neil Tennant schreibt und mit denen das erfolgreichste englische Popduo auftrumpft. Den Witz, den trockenen Humor, das Diskrete und Höfliche bringt der engagierte Musiker stets auf den Punkt.
Humor sieht er als eine der schönsten Formen der Intelligenz an. Augenzwinkernd, scharfsinnig – und doch ins Schwarze treffend.
Die Nonchalance in der Tiefgründigkeit
Neil Tennant hat ein Gespür für den Zeitgeist und für Trends. Songwriting gibt ihm die Möglichkeit, Gedanken und Gefühle auszudrücken, wie er das in Gesprächen nie könnte, hat er in einem Interview offenbart.
Das Ziel dabei ist, Menschen emotional zu erreichen, gesellschaftlich relevante Themen zu reflektieren und infrage zu stellen.
Er vereint Selbstironie, Beobachtungsgabe, einen wachen Geist, einen scharfen Verstand, das Charisma und die Aura des Geheimnisvollen. Neil Tennant weiss, wie es geht: Bei Interviews und auf der Bühne hört man ihm gerne zu. Wortgewandt, wie er ist.
Hat Taylor Swift keine Hits?
Und er vertritt eine Meinung, auch wenn er mit Gegenwind rechnen muss (oder es gar mit den Swifties zu tun bekommt). Er sorgte zum Beispiel diesen Frühling bei einem öffentlichen Gespräch für Schlagzeilen, als er sich fragte, wo die grossen Hits einer Taylor Swift seien. Ihr «Billie Jean». Und so ihren Status als Pop-Ikone infrage stellte.