Manchmal wird dem Eurovision Song Contest vorgeworfen, mehr Fasnacht als Musikwettbewerb zu sein. Und manchmal gewinnen Acts, die dieses Vorurteil durchaus bestätigen. Hier sind die fünf seltsamsten Siegessong-Performances der vergangenen 20 ESC-Ausgaben.
2008: Russland wagt sich aufs Glatteis
Offenes Hemd, Teelicht, Geiger auf Knien – so weit, so klassisches ESC-Pathos. Nach knapp zwei Minuten wird die Weirdness aber auf Stufe elf gedreht, wenn der mit Olympia-Gold ausgezeichnete Eiskunstläufer Jewgeni Pljuschtschenko auf der Bühne erscheint und seine Runden um den Fiedler und Sänger Dima Bilan dreht.
Den Rest des Stücks verbringt das Publikum in ständiger Angst, dass die Kufen dem barfuss auftretenden Act nach einem falschen Schritt die Zehen absäbeln. Dass das befürchtete Blutbad ausblieb, bescherte Dima wohl einige Erleichterungs-Votes.
2013: Dänemarks Mini-Flöte
Beide Strophen von Emmelie de Forests «Only Teardrops» beginnen mit einem Tin-Whiste-Solo – mit der gefühlt kleinsten Flöte der Welt auf der grössten Musikbühne des Planeten, während sich auf der Seite vergleichsweise riesige Trommeln aufbäumen. Shoutout an dieser Stelle an Kalush Orchestra, die bei ihrem Gewinnersong 2022 auch prominent eine Flöte (eine Tilincă) einsetzten und diese sogar einhändig spielten.
2018: Das berühmteste Huhn Israels
Eigentlich könnte man die Frage nach dem verblüffendsten Part von Nettas ESC-Performance mit einem simplen «alles» beantworten. Drei Punkte stechen aus diesem Eurovision-Triumph gewordenen Fiebertraum aber besonders hervor. Erstens Outfit und Bühnenbild der Israelin, beides besteht ausschliesslich aus bekannten Elementen der japanischen Kultur (was natürlich Vorwürfe der kulturellen Aneignung nach sich zog).
Zweitens das (stimmlich beeindruckend umgesetzte) Hühnergegacker samt entsprechender Choreo – auch von den Tänzerinnen. Und drittens der iPhone-Message-Sound zwischen «smart» und «phone» am Ende der zweiten Strophe.
2005: Griechenlands menschliches Cello
Musik und Inszenierung von «My Number One» sind bereits eine wilde Kombi aus Sirtaki-Tanz, Boygroup-Choreografie und ESC-Pomp. Und dann hält einer der Tänzer plötzlich einen langen Stab in der Hand (woher hat er den?), Sängerin Helena Paparizou zieht einem anderen Schnüre aus der Hose, und ein dritter hebt sie hoch in die Luft. Der Streicher-Part vor dem letzten Refrain pumpt aus den Boxen, die Griechin performt ihn gleichzeitig auf diesem menschlichen Cello, und wir reiben uns kurz ungläubig die Augen.
2006: Finnlands wandelndes Metal-Album-Cover
Sogar wer von sich behauptet, noch nie den ESC geschaut zu haben, kennt den Auftritt der finnischen Hardrock-Kapelle Lordi. Für die drei Minuten Stagetime verbrachten einige der Bandmitglieder ebensoviele Stunden in der Maske – hat sich gelohnt, schliesslich ist «Hard Rock Hallelujah» zu einem der ikonischsten Eurovision-Auftritte überhaupt geworden.
Auf dem zweiten Platz der Metal-Cover-würdigen Bühnen-Outfits ist nach wie vor «Conan»-Cosplayerin Ruslana, deren 2004er-Siegessong «Wild Dances» in dieser bedeutenden TV-Show tatsächlich falsch angeschrieben wurde.