Zum dritten Mal wurde der Schweizer Musikpreis des Bundesamtes für Kultur vergeben. 2016 geht er an die Wahlberlinerin Sophie Hunger.
Besser kann man Fördergelder kaum investieren, denn Hunger überzeugte in den letzten Jahren mehrfach, als perfektes und international taugliches Aushängeschild des Schweizer Musikschaffens.
Was macht Sophie Hunger aus?
Nebst containerweise Talent verfügt die 33-Jährige gleich über mehrere eminent wichtige Charakterzüge von Kunstschaffenden: Selbstzweifel, Innovationsgeist, Durchhaltevermögen und etwas Crazyness.
Sie glaubt an das, was sie tut, ohne dabei das Hinterfragen einzustellen. Sie macht ihre Musik wie sie will – ohne zu vergessen, dass sie damit ein Publikum ansprechen möchte. Sie weiss längst, was funktioniert, und probiert trotzdem stets Neues aus.
Sophie Hunger ist, was Stephan Eicher war und nie aufgehört hat zu sein: Eine sich ständig neu erfindende Künstlerin, die sich nicht diktieren lässt, wie sie zu sein hat und trotzdem weiss – oder inzwischen herausgefunden hat – wo es sich lohnt, kleine Kompromisse einzugehen.
Was kann Sophie Hunger?
Sophie Hunger kann denken. Laut und leise. Mit und ohne Ziel. Mit Kopf, Bauch und Herz. Sie kann forschen, suchen, finden – oder den Kurs ändern. Dadurch entsteht weder musikalisch noch textlich unausgereiftes Material. Sie verbindet Musikstile bewusst und gekonnt, textet in verschiedenen Sprachen mit unterschiedlichsten Zugängen. Sie macht Musik zu Sprache, Sprache zu Musik und definiert ihr Format eines Popsongs immer wieder neu.
Sophie Hunger gewinnt «Grand Prix Musik»
Sophie Hunger ist eine komplette Künstlerin, die bereit ist, grosse Umwege zu gehen. Umwege, die wir nur erahnen können, weil sie in den Songs zwar spürbar – jedoch nicht enthalten sind. Ja. Ich liebe komplexe Künstlerinnen und Künstler. Allerdings nur, wenn ihre Veröffentlichungen Punktlandungen sind. Dies trifft bei Sophie Hunger unbestritten zu.
Was macht Sophie Hunger mit den 100'000 Franken?
Ich sehe Sophie Hunger vor mir, wie sie ihre Augen verdreht, würde ich ihr diese Frage stellen. «Weisch was e Produktion oder e Tour choschtet?» würde sie mir dann wohl entgegnen. Oder «100'000 Franke isch imfall ned eso viel Gäld, wie mer chönnt meine». Und sie hätte recht damit.
Das Preisgeld ermöglicht ihr ein grosszügigeres Denken, was eine nächste Produktion, eine nächste Tour, ein nächstes Projekt betrifft. Der Rahmen wird grösser und vielleicht präsentiert sich die Endabrechnung dadurch letztendlich angenehmer. Vielleicht. Die Kunst bleibt ein Risiko, und dieses lebt Sophie Hunger glücklicherweise, mit oder ohne Kulturförderung, gleichermassen aus.