Wo soll man anfangen, wenn man Stephan Eichers Karriere in ein paar Sätze packen möchte? Beim Album «Les Chansons Bleues» (1983), das er praktisch im Alleingang einspielte? Oder wie ihm sein Freund und Manager Martin Hess in Frankreich Türen öffnete und sowieso alles tat, damit Eicher voll und ganz Künstler sein konnte? Bei seinem guten Händchen, immer wieder auf die für ihn passenden MusikerInnen und TexterInnen zu setzen? Bei den Meisterwerken aus den 1990ern? Bei der Gabe, sich immer wieder neu zu erfinden und dabei immer Stephan Eicher zu bleiben?
Stephan Eichers Musik ist zu gross für diese Zeilen. Der Stein, den er am 28. Februar 2020 im KKL in Luzern für sein Lebenswerk kriegt, zu klein für das, was ich und Tausende Menschen mit seinen Songs erleben durften. Der Vollblutmusiker ging in den letzten bald 40 Jahren viele Wege, die vor ihm keiner gegangen ist. Er wagte, was nicht jeder gewagt hätte und inspirierte mit seinem Schaffen unzählige MusikerInnen.
Stephan Eicher vergass in all dieser Zeit nie, wie wichtig es auch für ihn ist, sich von anderen inspirieren zu lassen. Das ist - neben viel Talent, Biss und etwas Fügung - einer der Hauptgründe, wieso diese Karriere über all die Jahre attraktiv geblieben und noch lange nicht zu Ende ist.
Stephan Eichers offene Ohren
Stephan Eichers unvernebelter musikalischer Horizont zeigt sich nicht nur, wenn er mit jungen Künstlern, wie aktuell zum Beispiel mit der Berner Band Jeans For Jesus, zusammenarbeitet. Die Karriere des bald 60-Jährigen spiegelt wider, dass er weiss, wo sich das Herz der Musik befindet. Er fand es bei nicht sehr bekannten Acts genauso, wie bei kommerziell erfolgreichen Superstars aus und in allen Himmelsrichtungen. Er fand es im Chanson genauso wie im Elektro.
Oft war er der Zeit voraus und hatte nie Angst, musikalische Evolutionen zu verpassen. Musste er auch nicht. Ich behaupte: Stephan Eicher könnte morgen ein Cloud-Rap-Album aufnehmen und niemand würde denken, dass der Mann mit Jahrgang 1960 auf einen nicht für ihn gedachten Zug aufspringen möchte. Denn: Sein Cloud-Rap würde wie selbstverständlich nach Eicher klingen.
Und nein, lieber Stephan. Mach es nicht. Wirklich nicht. Ernsthaft. Ich schreibe das nicht, weil ich weiss, dass es dich reizt, Kisten zu öffnen auf welchen «Bitte nicht öffnen» steht.
Stephan Eichers grösste Qualität
Für mich am beeindruckendsten ist Stephan Eichers Selbsteinschätzung. Er ist ein Popstar und nimmt seinen Platz selbstbewusst und unzimperlich ein. Er weiss, wer er ist und was er kann. Er weiss ganz genau, was er nicht kann, beziehungsweise was andere besser können und ist ein Meister darin, Talente und Cracks in den Dienst seiner Musik zu stellen.
Unvergessen: Manu Katchés Schlagzeugspiel auf «Engelberg». Wertvoll: Hank Shizzoes Dienste als Gitarrenheld, der Eichers Songs immer wieder zu vergolden wusste. Und natürlich die Geschichten und Texte von Martin Suter, die der Berner singt, als wären es seine eigenen.
Am 27. Februar 2020, am Vorabend der Preisverleihung der «Swiss Music Awards», spielt Stephan Eicher ein ganz spezielles Konzert im KKL Luzern. Im Zentrum der Show steht die Musik seiner 40-jährigen Karriere. Und: Wir dürfen gespannt sein, wer von seinen neuen und alten Weggefährten an diesem Abend die Bühne mit ihm teilen wird. Wer Stephan Eicher kennt, weiss, dass die Gästeliste dick, attraktiv und einzigartig ausfällt.