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Musik-Blog Liebe und Corona Der prickelnde Dreier von Sophie Hunger, Faber und Dino Brandão

Was haben Tom Waits und Mani Matter auf dem Album «Ich liebe dich» von Sophie Hunger, Faber und Dino Brandão verloren? Und: Wie berühren uns Liebeslieder in Zeiten von Corona? Antworten gibt es hier.

Liebeslieder sind wichtig. Ganz besonders in Krisenzeiten. Auf dem Album «Ich liebe dich» von Sophie Hunger, Faber und Dino Brandão geht es allerdings nicht nur um Liebe. Es geht auch um Diebe, Triebe, Hiebe, die Wiege und anderes, auf was man sich einen Reim machen kann.

Gregi Sigrist

Musikjournalist für Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen

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Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

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Die Diebe

Geklaut wird auf «Ich liebe dich» mit Liebe und Cleverness. Wunderschön und multipel beim Song «Mega Happy». Musikalisch angelehnt an Tom Waits «Green Grass», wechselt Faber in der Songmitte den Dialekt. Gemächlich schlittert er ins Berndeutsch, um Mani Matters «Die Strass, won i dran wohne» zu zitieren. Die Strasse in Matters Song führt bekanntlich zum Friedhof. Und wer von den dreien die Idee hatte, an dieser Stelle die Gitarre aus Rodrigo Amarantes Hit «Tuyo» anzudeuten, ist schuld an der Träne, die mir vor Rührung über die Wange kullert. Für mich der vielleicht schönste Moment des Albums.

Brandão Faber Hunger «Mega Happy»
aus Audio Musik SRF 3 vom 10.12.2020. Bild: Brandano Faber Hunger

Die Triebe

Getrieben wurde das Songwriting auf «Ich liebe dich» unbestritten vom Stillstand. So divers die Ansätze der Songs sind, sie erreichen uns allesamt aus einer Blase, die aus Raum und Zeit zu fallen scheint. Diese Ziellosigkeit gibt dem Trieb nach Ausdruck viel Platz und beschert dem Album eine Dringlichkeit, welche aktiv durch die Apathie der Corona-Zeit befruchtet wurde.

Die Hiebe

Verschluckte Silben und genuschelte Wörter findet man zuhauf auf «Ich liebe dich». Ein Schönheitsfehler? Gewollte Liederlichkeit? Was mich anfangs nervte, erscheint mir inzwischen fast schon mutig. Ausserdem hat es den Effekt, dass man an solchen Stellen genauer hinhört. Clever.

Die Wiege

Die Wurzel des Albums liegt im letzten Song «Darf i di hebe». Kernsätze wie «Chasch der vorstelle, was es tuet – wemmer sech nie meh ganz nöch chunt», lassen wenig Fragen offen und bleiben trotzdem geheimnisvoll. Aus musikalischer Sicht ist «Darf i di hebe» aber auch ein Song, auf welchem die drei Stimmen bestens harmonieren.

Die Liebe

Ich glaube nicht, dass «Ich liebe dich» ein grosses Potenzial für Liebe auf den ersten Blick hat. Wer sich Zeit nimmt das Album und die Songs kennenzulernen, entdeckt jedoch sehr schnell tolle Schätze und Sätze zum Liebhaben. Ich persönlich möchte mich jedenfalls gerade nicht trennen von den Songs von «Ich liebe dich».

Audio
Sophie Hunger, Faber und Dino Brandao spielen im Trio!
aus SRF 3 punkt CH vom 17.07.2020. Bild: Collage SRF
abspielen. Laufzeit 56 Minuten 21 Sekunden.

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