Wer Leonard Cohen sagt, meint ein Stück eigener Lebensgeschichte, kann gefühlte hundert Textzeilen aufrufen bei den ersten paar Akkorden eines Songs. Von Anfang an gehen seine Lieder unter die Haut, treffen ins Herz. Künstlerisch und emotional prägen sie bis heute Generationen.
«Ein guter Song hat Fenster und Türen – du kannst hineintreten, wenn du willst. Das Lied selbst muss aber schnell von Herz zu Herz fliegen. Wenn es das nicht schafft, hat es verdient, vergessen zu werden», sagte Leonard Cohen.
Erfolgreicher Aussenseiter des Musikbusiness
Leonard Cohen wurde 1934 in eine jüdische Familie in Montreal hineingeboren. Bekannt wurde er zunächst mit Romanen und Gedichten, weltberühmt machten ihn seine Songs. «Suzanne», «So Long, Marianne», «Sisters Of Mercy», «First We Take Manhattan (Then We Take Berlin)», «Hallelujah», «Tower Of Song», «Everybody Knows» gelten längst als Klassiker.
Sie handeln von verlorener Liebe und Leid, von Todessehnsucht und Gottessuche, von Eros und Sexualität. Cohen liebte das Spiel mit Motiven, mit Themen, mit Bildern. Er hat mit seinen Liedern Musikgeschichte geschrieben und hat als erfolgreicher Aussenseiter des Musikbusiness im Laufe seines Lebens viele Namen bekommen: Gentleman des Pop, Tröster der Witwen, melancholischer Meister des monotonen Moll.
«Hallelujah»: Die generationenübergreifende Hymne
Erst mit 33 veröffentlichte er 1967 sein Debüt-Album «Songs Of Leonard Cohen», das die minimalistischen Folk-Kompositionen, die wehmütigen und düsteren Texte und seinen samtigen Bariton zu Cohens Markenzeichen erhob. Seinen ersten Hit in den amerikanischen Billboard-Charts landete er 1988 mit dem Album «I`m Your Man», das seinen Ruhm mit stromlinienförmigen Synthie-Arrangements explodieren liess.
Seinen vielleicht wirkungsvollsten Song der neuen Ära hatte Cohen bereits 1985 abgeliefert: «Hallelujah» vom Album «Various Positions» wurde zur Cohen-Hymne schlechthin und hundertfach gecovert.
Sein Abschiedsgeschenk: Das Album «You Want It Darker»
Cohens Leben verlief nicht nur geradlinig. 1995 zog er sich in ein Zen-Kloster in Kalifornien zurück. Eine heftige Depression zwang ihn 1999, das Kloster zu verlassen. 2008 startete er nicht zuletzt aus finanziellen Gründen noch einmal eine Welttournee, nachdem ihn seine frühere Managerin um fünf Millionen Dollar betrogen hatte.
Eine umjubelte Auferstehung: Leonard Cohen schaffte es, dass all seine Songs lebendig blieben, durch Metamorphosen gegangen sind, wenn er die Bühne betrat, seinen Hut zog vor den Musikern, vor einem Publikum, das bei seinem ewigen «Sisters Of Mercy» auch die Ironie verstand, die immer da war.
Auch musikalisch setzte Leonard Cohen mit seinen letzten drei Alben «Old Ideas» (2012), «Popular Problems» (2014) und «You Want It Darker» (2016) ein deutliches Ausrufezeichen. Ähnlich wie das Album «Black Star» von David Bowie setzt sich auch «You Want It Darker» mit dem Tod auseinander: Ein Abschiedsgeschenk eines aus der Zeit gefallenen Poeten, stets umgeben von einer Aura tiefster Melancholie.