Deutliche Texte, vielseitiger Sound
Unser «SRF 3 Best Talent» im Monat Mai nennt die Dinge beim Namen, geht mit der Zeit und er kann beides: Boom-Bap-Rap im Stil der 90er und Trap.
Nativ hat mich mit seinem neuen Album 'Awful' um den Finger gewickelt. Er ist zeitgemäss und denkt weiter als viele andere Rapper. Das macht ihn einzigartig, nicht nur in der Schweiz, sondern allgemein im Rap-Game.
Entspannt und kritisch
Nativ kommt aus Bern und wohnt in Biel, macht Musik, die seinem Wesen entspricht. Man trifft einerseits auf den sozialkritischen Denker, andererseits auf einen jungen Rapper, der entspannt das Leben feiert. Beides passt.
Es ist Trap, Realität anfechtend und Rausch zelebrierend. 'Easy Listening', ein Ausdruck, den mein Musiklehrer anno 1921 als Schimpfwort brauchte, trifft ehrlich und ohne negativen Beigeschmack auf 'Awful' zu.
Am Puls seiner Generation
Der 25-Jährige hat alles, um durchzustarten. Er fällt auf, nicht nur wegen seiner 1,90 Meter Körpergrösse: Er verkörpert wie kein anderer den Zeitgeist, ist vielschichtig. Er fühlt den Puls einer Generation und verpackt ihn in Wort und Sound.
Mit der S.O.S.-Crew zusammen mit Dawill wurde er in der Szene gross, sein Solo-Album «Baobab» vom vergangenen November wird als Paradebeispiel der Authenzität bejubelt und mit seinem neusten Streich «Awful» ist er den anderen eine Nasenlänge voraus.
Vom Land
Nativ – bürgerlich heisst er Thierry Gnahoré – wuchs in der 2'200-Seelengemeinde Niederscherli in der Nähe von Bern als eines der wenigen Kinder mit Migrationshintergrund auf. Er habe eine schöne Kindheit gehabt, die Zeit habe ihn aber geprägt.
Auf dem Land merkt man eher, dass man anders behandelt wird, wenn man anders ist. Deshalb ist es mir extrem wichtig, den Leuten auf den Weg zu geben, dass wir alle gleich sind.
Sein Vater stammt aus der Elfenbeinküste, seine Mutter ist Schweizerin. Er wächst bei seiner Mutter auf. Nativ fühlt sich beiden Kulturen nah. Er definiert den Begriff Heimat aber differenziert: «Heimat hat nichts mit dem Ort zu tun, aus dem man kommt. Heimat ist das Gefühl, das du hast, wenn du dich wohlfühlst und das kann überall sein.»
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Bild 1 von 6Legende: Seine Mutter ist sein Vorbild: «Sie hat mich gut erzogen und zu dem gemacht, der ich heute bin.» Jojo Schulmeister
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Bild 2 von 6Legende: Erste Raps mit Singstar vor dem Computer seiner Mutter: «Mit zwölf wusste ich, Rap ist das, was ich machen möchte. Ich fing vor dem Computer meiner Mutter mit dem Singstar-Mikrofon auf ganz hässlichen Beats erste Rhymes aufzunehmen. Ich hatte damals noch ein Textbuch, wo ich meine Lyrics aufschrieb.» Jojo Schulmeister
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Bild 3 von 6Legende: Seine Wurzeln: die Elfenbeinküste und die Schweiz «Ich fühle mich mit der Schweiz verbunden, gleichzeitig schlägt mein Herz auch für die Elfenbeinküste. Man sieht es meiner Hautfarbe an: Ich bin nicht schwarz, ich bin nicht weiss - ich bin etwas dazwischen.» Jojo Schulmeister
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Bild 4 von 6Legende: Seine Botschaft: «Wir sind alles Erdenbürger. Weshalb machen wir Unterschiede, woher jemand kommt oder wie jemand ausschaut? Wir sind alle gleich und so sollten wir auch leben. Wir sollten uns nicht als Feinde, sondern als Freunde verbünden und die Welt zu einem Platz machen, wo es Platz für alle hat.» Jojo Schulmeister
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Bild 5 von 6Legende: Früh politisiert: Mit seiner Mutter schaute er als kleiner Bub am Freitagabend die «Arena». «Mit ihr habe ich ein Spielchen gemacht, um herauszufinden, wer nun der Linken oder der Rechten angehört. So habe ich mein politisches Bewusstsein bekommen. Für mich war es naheliegend, dass ich eher eine links-orientierte Person bin.» Jojo Schulmeister
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Bild 6 von 6Legende: «Baobab» oder «Awful»? «Für mich ist das Album 'Babobab' eines meiner Lebens-Projekte. Es zementiert, was ich bisher erlebt habe und es wird schwierig, wieder ein solches Projekt in den nächsten Jahren zu machen.» Jojo Schulmeister
«Ich sehe mich als Friedenskämpfer»
Seit anderthalb Jahren ist diese Heimat in Biel. Die Multikulti-Stadt am Jurasüdfuss beflügelt ihn, die Kreativität und der Ausstausch geben Auftrieb. Nativ zog hierher, als er seinen Büro-Job an den Nagel hängte, um sich voll und ganz der Musik zu widmen.
Ich sehe mich als Friedenskämpfer. Ich muss nicht einer politischen Partei beitreten, um mir Gehör zu verschaffen. Ich kann das auch mit meiner Musik erreichen.