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Tiktok vs. Universal
Aus Sounds! vom 08.03.2024. Bild: REUTERS
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 14 Sekunden.

Tiktok vs. Universal «Tiktok ist gar nicht so relevant»

Der Streit zwischen dem Musikriesen Universal und Tiktok dauert an. Wie nötig haben sich die beiden überhaupt?

Viele sind davon ausgegangen, dass sich die beiden Streithähne bald wieder vertragen würden. Denn schliesslich brauchen sie einander. Universal benötigt Tiktok als Werbeplattform und Tiktok benötigt bekannte Musik, um damit Reichweite zu generieren.

Darum streiten Universal und Tiktok

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Ende Januar 2024 lief der Vertrag zwischen Universal Music, dem weltweit grössten Musikkonzern, und Tiktok, dem chinesischen Videoportal und sozialen Netzwerk aus. Man hatte sich finanziell nicht einigen können. Beide Parteien warfen einander Gier vor.

Darum gibt es seit Anfang Februar keine Songs mehr zu hören auf Tiktok von Musikschaffenden, die bei Universal unter Vertrag stehen.

Der Zwist wurde aber nicht beglichen, ganz im Gegenteil. Universal hat die Schraube angezogen und weitere vier Millionen Songs von der Social-Media-Plattform genommen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die Folge sind Videos ohne Sound. Das hört sich dann so an (oder eben nicht):

Einfluss von Tiktok nicht messbar

Tiktok wird als dasjenige Werbetool betrachtet, das für Musikschaffende unverzichtbar ist. SRF-Digitalredaktor Guido Berger relativiert: «Tiktok wird grösser und relevanter wahrgenommen, als es tatsächlich ist.» So blase die Social-Media-Plattform die Zahlen der Videosichtungen auf, «indem schon eine geschaute Sekunde als View gezählt wird».

Tatsächlich lässt sich nicht klar bemessen, wie gross der Einfluss von Tiktok auf eine Musikkarriere ist. Klar doch, es gibt Beispiele von Musikschaffenden, die dank Tiktok berühmt wurden. Aber für jede virale Erfolgsgeschichte gibt es mindestens 1000 Gegenbeispiele, bei denen solch ein Erfolg ausgeblieben ist.

Wenn ein Song berühmt wird, lässt sich nie genau festmachen, was die Gründe dafür sind. «Es schwingt immer eine Zufallskomponente mit, die Tiktok zu seinen Gunsten auslegt», sagt Berger. Tiktok inszeniert sich selbst als Hitmacher, das zeigt auch die wöchentliche Tiktok-Billboard-Hitparade. Aktuell steht dort Kanye West an erster Stelle. Wurde er nur dank Tiktok berühmt? Wohl kaum.

Nicht nur eine Plattform

Nicht nur Tiktok macht Hits. «Wir beobachten generell eine viel stärkere Fragmentierung. Die eine Plattform, auf der alles stattfindet, gibt es nicht mehr», so Berger.

Hinzu kommt, dass Tiktok für Universal auch finanziell nicht relevant ist. In einem offenen Brief schreibt das Label, dass Tiktok nur etwa ein Prozent seiner Gesamteinnahmen ausmache. So gesehen wäre ein allfälliges Wegfallen von Tiktok tatsächlich ein verkraftbarer Verlust. Auf Nachfrage wollte Universal keine Stellung beziehen, sondern verwies auf besagten offenen Brief.

Und andersherum? Kann Tiktok ohne Universal-Musik überleben? Tiktok hat auf die Anfrage von SRF nicht reagiert. Klar ist: Viele der Grossen der Musikbranche wie Taylor Swift, Harry Styles, Coldplay und Billie Eilish sind bei Universal beheimatet. Mit bekannten Songs können Emotionen geweckt werden und das bindet an die Plattform.

Für Videos, in denen explizit die Musik im Zentrum steht, ist der Wegfall ein herber Verlust. Aber in sehr vielen Clips ist die Musik einfach nur Beigemüse. Das lustige Katzenvideo wird wahrscheinlich nicht weniger geschaut, wenn die Musik eine andere ist.

KI kann nicht Lebensgefühl

Im offenen Brief unterstellt Universal Tiktok, die Social-Media-Plattform wolle längerfristig menschliches Musikschaffen mit KI-generierter Musik ersetzen. So wolle Tiktok Lizenzgebühren sparen. KI-Musik mag vielleicht für einige Inhalte funktionieren. Aber das Gefühl einer Generation auf den Punkt bringen, kann KI nicht.

Die Verlierer im ganzen Gezerre sind die Musikschaffenden. Sie haben viel Zeit, Arbeit, Geld und Hoffnung in das Kreieren von Tiktok-Inhalten verwendet. Weil ihnen dazu geraten wurde. Von grossen Labels, wie Universal eines ist.

Radio SRF 3, Aktuell, 8.3.2024, 16:15 Uhr

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