Als Nemo offiziell als Schweizer Act für den Eurovision Song Contest 2024 in Malmö angekündigt und Nemos Lied «The Code» enthüllt wurde, belegte die Schweiz noch Platz zehn bei den ESC-Wetten. Knapp zwei Wochen später hüpfen wir zwischen den Plätzen drei und vier hin und her.
Was hat es mit diesen oft thematisierten Wetten eigentlich auf sich? Wir erklären.
Was sind die ESC-Wetten?
Sie funktionieren gleich wie Sportwetten: Man setzt einen Betrag auf einen Act und wenn dieser die ESC-Trophäe holt, gewinnt man entsprechend den Wettquoten Geld. Mitmachen können alle; das bekannte Fanportal Eurovisionworld.com trackt dabei die gängigsten (Online-)Wettbüros.
Wie sind die Wetten zu lesen?
Wer auf einen Act wettet, ist in der Regel überzeugt von dessen Siegeschancen, sprich: Die Wett-Rangliste zeigt, welche Songs beim Publikum ankommen. Und das Publikum bestimmt, wer beim ESC ins Finale einzieht und dort zu 50 Prozent, wer das Ding gewinnt (die andere Hälfte sind Jury-Votes).
«Wenn man als Act das Glück hat, in den Top 10 der Wetten zu sein, hat man ganz viel Rückenwind», sagt Yves Schifferle. Der Delegationsleiter SRF wertet die gute Wettplatzierung von Nemo denn auch «nur positiv»: «Ganz viele Menschen in Europa glauben, dass Nemo mit ‹The Code› den ESC gewinnen kann.»
Er gibt jedoch zu bedenken, dass es bis zum eigentlichen Wettbewerb noch zwei Monate dauert, in denen die Wetten beeinflusst werden können. Aber: «Nemos Platzierung ist schon mal ein sehr gutes Zeichen.»
Welchen Einfluss haben die Wetten?
«Sie sind sehr präzise, vor allem bei den vorderen Plätzen», so Schifferle, «wenn du kurz vor dem ESC in den Top 5 bist, wirst du sehr sicher gut abschneiden». Ein Blick zurück auf die letzten zehn ESCs zeigt: Die Wetten haben in sechs Fällen die Siegerin oder den Sieger vorhergesagt. Quasi eine «selbsterfüllende Prophezeiung», so der Delegationsleiter SRF.
Dies auch, weil im Vorfeld des Contests vor allem über die Acts und Lieder berichtet wird, die bei den Wetten weit vorn liegen. Schliesslich sind das die augenscheinlich vielversprechendsten Beiträge, die das Publikum am meisten interessieren. Gemäss Schifferle wird der Hype um sie somit «multipliziert à gogo» und sie erreichen mehr Menschen, die potenziell die TV-Shows schauen und für ihre Lieblinge stimmen.
Abgesehen von den Zuschauenden beeinflussen die Wetten auch die Acts selbst, weiss Luca Hänni, dem die Buchmacher 2019 den dritten Rang prophezeiten. Schliesslich holte er mit «She Got Me» den vierten Platz und beendete damit die langjährige Schweizer ESC-Flaute. «Je höher die Wetten, desto höher der Druck», erklärt der Berner, «ich habe irgendwann das Handy weggelegt und mir gesagt: ‹Da musst du jetzt einfach durch.›»
Gibt’s trotzdem noch Überraschungen?
Auch wenn die aktuellen Top 10 ein wichtiger Gradmesser sind: Auftritte an den ESC-Prepartys und Mitschnitte der Proben in der Eurovision-Vorwoche können die Wetten ordentlich aufmischen. «Fast jedes Jahr gibt’s einen Act, den man nicht auf dem Schirm hatte und der plötzlich weit nach vorn saust», sagt Schifferle.
Das prominenteste Beispiel für eine solche Überraschung der letzten zehn Jahre ist Conchita Wurst. «Mit der ersten Probe explodierte es plötzlich», erinnert sich der Delegationsleiter SRF, «dann sah man diese Frau mit dem Bart und was auf der Bühne passieren wird. Plötzlich war sie ganz vorn bei den Wetten – und hat gewonnen.»