Sandro Bianchi (32)
«Dass ich in Biel gelandet bin, ist eigentlich Zufall» , beginnt Sandro Bianchi. Denn ursprünglich kommt er aus Basel. Die Hotelfachschule hat er in Thun besucht. Und nun ist er hier, in Biel. «Irgendwann auf einer Party kam ich mit meiner jetzigen Verlobten Laura auf die Idee, ein Restaurant zu eröffnen.» Und zwar hier.
Das war vor drei Jahren. Hinter ihrem gegründeten Restaurant «Lokal» steckt aber viel mehr als nur eine Beiz: ein spezielles Bar- respektive Restaurantkonzept, die sogenannte «Fusion Cuisine» mit Fokus auf Biel. «Wir versuchen Kulturen und Kochtechniken mit Produkten von überall zu vermischen und trotzdem die Regionalität nicht zu vergessen.»
Dazu gehören auch aktuelle, regionale Getränke, wie zum Beispiel «Devia». «Das sollte jeder probieren, der Alkohol trinken darf.» Das Getränk haben drei Bieler Jungs vor etwa einem Jahr entwickelt. Mit einem Getränk zwischen Bier und Wein haben sie eine Nische in Sachen Apéro gesucht und laut Sandro Bianchi gefunden: «Devia geht richtig ab in Biel. Es hat einen sehr eigenen Geschmack.»
Da stimmen ihm Anic Lautenschlager und Julian Thorner zu: «Für mich schmeckt er als 'On the Rocks Drink' etwas nach Anis. Er ist extrem intensiv.»
Der «Lokal» Besuch in Bildern
Anja Mathys (38)
«Biel ist eine stille Geniesserstadt»
, beschreibt Anja Mathys ihr Zuhause. Die 38-Jährige ist Kindergärtnerin und Betreiberin vom «ED!BLE». Einem Zeitfenster wo es ums Essen, Geniessen und um gemeinsames Erleben geht.
«Hier spiel sich vieles im kleinen, feinen Rahmen ab.»
Genau so ist das «ED!BLE» auch organisiert: Der eine produziert, die andere bereitet zu und der dritte geniesst. Die rund fünfundfünzigtausend Einwohner der Stadt drehen das, was sie machen, kaum nach Aussen.
«Biel ist keine Stadt, welche Dinge hyped. Wir sind vielleicht etwas zu scheu.»
Aber das mag Anja Mathys: «Wir leben hier in einer kleinen Zelle, die ganz viel von Aussen aufnimmt.» Diese Zelle beschreibt sie als sehr divers, offen und perfekt um Menschen kennen zu lernen. «Biel ist eine Stadt der Lebensfreude.»
Markus Kocher (64)
Der älteste autonome Jugendraum der Schweiz befindet sich in Biel. Unter der mit Graffiti besprayten Kuppel pulsiert seit 50 Jahren das Bieler Nachtleben. Dieser unterirdische Club hat es Markus Kocher besonders angetan: «Dieser «Chessu» bedeutet mir alles.»
Der «Chessu» ist ein alter Gaskessel auf dem Place de l'Esplanade. Aus der 68er-Bewegung kam auch in Biel die Forderung nach einem autonomen Freiraum. Nach einigem Hin und Her mit der Politik erhielten die jungen Bieler:innen schliesslich den ausrangierten Gaskessel.
Bei dieser «Eroberung» war auch Markus Kocher mit dabei.
Der «Chessu» sei eines der wenigen Gebäude, welche ihn noch an «sein Biel» erinnern. Der Bieler lebte für 15 Jahre nicht in der Stadt, kam dann aber wieder zurück in seine Heimat.
Heute sind für seinen Geschmack zu viele alte Häuser neuen Betongebäuden gewichen.
Trotz oder genau deswegen müsse der ausrangierte Gaskessel bestehen bleiben.
Sabine Nonhebel (56)
«In Deutschland ist die Anonymität viel grösser als hier. Dort ist es vielmehr ein Gegeneinander, hier in Biel ein Miteinander!»
Sabines Entscheidung nach Biel zu ziehen war ursprünglich rein praktischer Natur: «Biel hat einen tollen Umsteigebahnhof. Von hier aus bin ich in maximal 2 Stunden überall, wo ich sein muss.»
Die Simultan-Übersetzerin lebt seit 10 Jahren in Biel und hat auch nicht so schnell vor, weg zu ziehen.
«Biel ist bilingue, also perfekt für mich!»
Die Zweisprachigkeit hilft laut Sabine, den Horizont zu erweitern. Die vielen Kulturen und Mentalitäten wirken sich auf die Sprache aus.
«Man lernt ja nicht nur die Sprache sondern auch eine andere Denkweise kennen.»
Die Stadt nur auf die Zweisprachigkeit zu reduzieren, wäre aber falsch, findet Sabine Nonhebel. Nicht nur lebhaft ist das sich Miteinander austauschen, sondern auch die Natur rund um Biel. Dass sie in nur wenigen Minuten im Grünen ist, trage viel zur Qualität der Stadt bei.
«Biel vereint viel Gegensätzliches in sich. Ich frage mich immer was will man mehr ausser Biel und die Umgebung?»
Alex Stival (22)
«Biel ist für mich ein urbanes Paradies!» So schwärmt Alex Stina von Biel. Mit knapp 55'000 Einwohner biete seine Stadt eine riesige Mischung an Kultur, findet er. Er muss es wissen, denn er ist selbst Musiker wie viele hier: «Es gibt unglaublich viele, die sich kreativ ausleben und mitgestalten wollen.»
Heute kreiert der 22-jährige den Bieler:innen vor allem gute Laune. Im Papageien-Outfit skatet er auf dem Place de l'Esplanade.
«Ich bin aufgestanden und dachte mir: Es ist Zeit, Farbe in dieses graue Wetter reinzubringen.»
Täglich skatet er hier – seit fünf Jahren. Er will mit dazu beitragen, dass der Asphaltplatz vor dem Kongresshaus mit Leben gefüllt wird. «Genau das will ich hier fördern.»
Wenn der Bieler von seiner Stadt spricht, wirkt er wie frisch verliebt.
«Biel lässt mein Herz blühen. Es ist die perfekte Mischung zwischen einer nicht zu grossen Stadt und einem kleinen Dorf.»
Virginie Borel
«Hier steht Vielfalt, Diversität, Multikulti und Offenheit ganz weit oben. Das ist mein Biel!»
Virginie Borel verkörpert Biel linguistisch gesehen perfekt. Sie ist frankofon aufgewachsen und hat aus beruflichen Gründen Schweizerdeutsch gelernt. «Früher hatte ich nichts mit deutschsprachigen Bieler:innen zu tun. Erst als Erwachsene habe ich gemerkt, dass beide Sprachen sehr bereichernd sind.»
Das miteinander kommunizieren liegt ihr am Herzen. Egal ob in der Beiz, bei Aktivitäten in der Altstadt oder an monatlichen Anlässen.
«Die Zweisprachigkeit gehört zu Biel und sie macht Biel speziell» , sagt Virginie, die in Biel als Welsche aufgewachsen ist, mittlerweile aber seit 20 Jahren in La Neuveville wohnt.
Vor der Zweisprachigkeit sollen sich auch Touristen, die nach Biel kommen, nicht scheuen: «Habt keine Angst vor den beiden Sprachen. Biel ist sehr offen und tolerant!» Und sie gibt sogar noch einen kleinen Geheimtipp mit: «Englisch muss in einer zweisprachigen Stadt verhindert werden.»
Silvia Steidle (49)
«Heutzutage wird es als selbstverständlich angesehen, dass Frauen beispielsweise eine Regierungsmehrheit bilden, wie hier in Biel. Trotzdem sollte die Vergangenheit nicht vergessen werden.»
Silvia Steidle findet klare Worte und weiss, wovon sie redet. Sie ist in Biel zur Schule gegangen und ist Mitglied der Bieler Regierung. Die 49-Jährige hat uns in Biel ihren Lieblingsplatz gezeigt. Die Esplanade Laure Wyss ist einer der wenigen Plätze in Biel mit einem weiblichen Namen.
«Für mich gewinnt dieser mittlerweile drei Jahre alte Platz gerade in diesem Jahr, wo wir 50 Jahre Frauenstimmrecht feiern, an Bedeutung.»
Dass Biel eine Frauenmehrheit in der Regierung hat, kommt für Silvia Steidle nicht von irgendwo. «Biel ist zweisprachig, offen und für mich wie ein kleines Berlin.»
Irina Mossi (31)
«Multikulti, relaxed und vibrierend.» So beschreibt die Sängerin Irina Mossi ihre Stadt. Die 31-Jährige ist in Biel geboren, aufgewachsen und lebt auch jetzt noch in der zweisprachigen Stadt.
Ihr Vater stammt aus der demokratischen Republik Kongo, ihre Mutter aus dem Thurgau. Ergo war Biel für das multikulturelle Paar der perfekte Ort um Irina und ihre Schwester gross zu ziehen. Um den Multikulti-Vibe der Stadt zu spüren, braucht Irina Nachts bloss das Fenster zu öffnen.
«Wenn ich um 02.00 Uhr das Fenster meiner Wohnung mitten in der Stadt geöffnet habe , höre ich immer wieder unterschiedliche Sprachen, die ich oft gar nicht zuordnen kann.»
Laut Mossi sind an die 170 Sprachen in Biel registriert. «Das sagt schon recht viel aus. Es gibt Menschen aus der ganzen Welt, die in Biel einen Platz finden.»
Manchmal sogar ihren Lieblingsplatz. Wie Irina Mossi in Biel einen hat: «Am liebsten bin ich im Sommer am See. Da kann ich mich entspannen. Diese ruhigen Momente geniesse ich sehr.»