Atomic, Head, Kästle, Blizzard, Fischer: Seit Jahrzehnten dominieren österreichische Skimarken den Weltcup. Zum Vergleich: Die Schweiz ist nur gerade mit Stöckli im Skizirkus vertreten.
Dass die Ösi-Latten auf den Rennpisten derart präsent sind, hat historische Gründe. Denn Österreich pflegt eine Tradition in der Skiherstellung, die ihresgleichen sucht.
Von der Wagnerei zur Skiindustrie
In den 1860er-Jahren begannen die ersten Unternehmen, Ski zu produzieren. «Das waren traditionelle Handwerksbetriebe, die eigentlich Wagenräder und Wägen hergestellt haben», sagt Walter Iber, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Graz. «Diese Wagnereien hatten ein entscheidendes Know-how: Sie wussten, wie man Holz biegt.»
Insbesondere in der Zwischenkriegszeit, also vor rund 100 Jahren, kam in Österreich der Wintertourismus auf, was die Nachfrage nach Pistenmaterial erhöhte. Nach dem Zweiten Weltkrieg spezialisierten sich immer mehr Wagnereien auf die Skiproduktion.
Erst die Dominanz, dann der Dämpfer
In den 1950er- und 1960er-Jahren beherrschte die österreichische Skiindustrie den globalen Markt. Allerdings: «Aus dem ehemaligen Nischenprodukt wurde ein Massenmarkt, dadurch stieg der Konkurrenzdruck von aussen», sagt Walter Iber. In der Folge gab es immer mehr Hersteller aus Frankreich, teilweise auch aus Deutschland und der Schweiz.
Ab den 1980er-Jahren hatte die Skibranche mit diversen Herausforderungen zu kämpfen: steigende Rohstoffpreise, hohe Lohnkosten, übersättigter Markt sowie schneearme Winter.
Skiproduzent Fischer ist das einzige grosse Unternehmen, das die Pistenkrise bis heute ohne grössere Schäden überstanden hat und noch in österreichischer Hand ist. «Fischer hat sich früh breit aufgestellt», sagt Walter Iber.
«Einerseits hat die Firma auch Langlaufski produziert, andererseits hat sie sich im Bereich Kunststoff und Verbundstoffe weiterentwickelt und sich in der Flugzeugindustrie etabliert.» Andere Player wie Atomic, Blizzard, Head und Kästle haben zwar ihre Firmensitze und Teile der Produktion in Österreich, sind inzwischen aber in ausländischem Besitz.
Österreicher setzen auf einheimische Ski
Was früher Pflichtprogramm war, gilt heute grösstenteils immer noch: praktisch alle österreichischen Top-Cracks im Weltcup sind mit einheimischen Latten am Start. «Ausländische Skimarken haben es generell schwer, bei uns Fuss zu fassen», sagt Michael Schineis.
Die Vernetzung zwischen Sport, wissenschaftlichen Aspekten und der Skiindustrie in Österreich ist einmalig.
Der langjährige Chef von Atomic Austria ist heute als Berater in der Skiindustrie sowie als Sprecher der Sportartikelbranche tätig. Diese Markentreue ist kein Zufall. «Österreich ist eine Art Silicon Valley des Skisports. Die Vernetzung zwischen Sport, wissenschaftlichen Aspekten und der Skiindustrie ist einmalig.»
Dabei spielt es offenbar keine Rolle, wem die Firmen gehören – am Beispiel von Atomic ist es ein Konsortium aus chinesischen und kanadischen Investoren. «Wir agieren auf dem Weltmarkt. Die Kombination zwischen internationaler Strategie und lokaler Verwurzelung funktioniert gut.»
Die Zahlen geben ihm recht. Rund 3.6 Millionen Ski werden gemäss Schineis jährlich verkauft. «Über die Hälfte davon wird in Österreich hergestellt oder zumindest von hier aus organisiert.» Zu den wichtigsten Abnehmern zählen heute der asiatische und der amerikanische Markt.