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Tolle Arbeit, coole Frisur Welttag der Komplimente: Was macht ein gutes Lob aus?

Die Schweiz ist nicht gerade bekannt als Land der überschwänglichen Komplimente. Eigentlich schade, da Wertschätzung nicht nur der empfangenden Person guttut, sondern auch jener, die sie ausspricht. Nur, was ist ein gutes Kompliment und wie kann man lernen, mit Lob umzugehen?

Es gibt doch nichts Schöneres, als einander wertzuschätzen – zum Beispiel mit einem netten Kompliment. «Komplimente wirken positiv auf alle Beteiligten», sagt Psychologin Sandra Figlioli Hofstetter. «Dabei wird das Hormon Dopamin ausgeschüttet, das auch zum Zug kommt, wenn das Belohnungssystem aktiviert wird.»

Sandra Figlioli Hofstetter

Psychotherapeutin und Psychologin

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Nebst ihrer Tätigkeit als Psychotherapeutin mit eigener Praxis ist Sandra Figlioli Hofstetter als externe Lehrbeauftragte für Hochschulen tätig. Sie wird regelmässig von Institutionen, Kliniken und Ausbildungsstätten für Workshops sowie Fort- und Weiterbildungen zu Themen der psychischen Gesundheit gebucht.

Nebst dem sogenannten Botenstoff des Glücks wird auf der neuronalen Ebene auch das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet. Studien belegen, dass Wertschätzung die Lebenszufriedenheit steigert, Stress abbaut und die psychische Gesundheit fördert. Vereinfacht formuliert: «Komplimente machen glücklich und verstärken die Bindung zweier Menschen.»

Was sind gute Komplimente?

Ehrlich und persönlich sollten sie sein, die Komplimente. Zufällige und allgemeine Lobhudeleien kommen weniger stark an. «Komplimente zu Äusserlichkeiten wie einem Kleidungsstück oder der neuen Frisur sind auch schön», sagt die Expertin. «Aber Lob, das auf die inneren Werte abzielt, wirkt längerfristiger.»

Auch das Setting und der Moment sind entscheidend. «Bei einer schwierigen Sitzung mit Kunden noch rasch die Arbeitskollegin für das schicke Oberteil zu loben, ist kaum zielführend.» Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt – gerade, wenn es um Komplimente fürs andere Geschlecht geht.

Beratungssituation zwischen einer Frau und einem Paar in einem Büro.
Legende: Nur, wenn es passt: damit ein Kompliment ankommt, sind Moment und Setting entscheidend. Keystone/MARTIN RUETSCHI

«Man kann sich fragen, ob man das gleiche Lob auch einer Person des eigenen Geschlechts aussprechen würde.» Mit anderen Worten: erfolgt das Kompliment unabhängig davon, ob das Gegenüber weiblich oder männlich ist, sollte es unproblematisch sein.

Warum fällt es uns schwer, Komplimente anzunehmen?

«Komplimente stellen Intimität zwischen zwei Personen her – man rückt etwas näher zusammen», sagt Sandra Figlioli Hofstetter. «Ist diese Intimität unangenehm, dann fällt es einem auch schwerer, das Lob anzunehmen.» Weiter kommt es auf die persönliche Prägung an. «Ist man sich seit der Kindheit gewohnt, Komplimente herunterzuspielen, kann man auch im Erwachsenenalter eher schlecht damit umgehen.»

Komplimente in anderen Kulturkreisen

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Die SRF-Auslandkorrespondentinnen und -korrespondenten über Komplimente in anderen Ländern.

Samuel Emch, China: «Auch in China tut man sich schwer mit Komplimenten. Gerade die ältere Generation kritisiert und kommentiert mehr, statt zu loben. Chinesische Bekannte erzählen mir zum Beispiel, dass sie von ihren Eltern bei einem Besuch kritisch beäugt werden. ‹Du siehst müde aus›, könnte so ein Kommentar lauten. Dabei geht es wohl eher um einen Ausdruck der Sorge. Da sie es sich nicht gewohnt sind, können Komplimente – beispielsweise von uns Westlern – Chinesinnen und Chinesen zudem irritieren.»

Teresa Delgado, Südamerika: «Je karibischer das Land, desto heisser sind die Komplimente. Ein Kolumbianer oder eine Venezolanerin sind daher grosszügiger im Loben, in Chile und Argentinien ist man etwas zurückhaltender. Generell aber ist die Latinokultur eine Kultur der Zärtlichkeiten und der Zuwendung. Ob im Café oder im Supermarkt: als Frau wird man von wildfremden Menschen mit ‹reina› (Königin) oder ‹hermosa› (Schöne) begrüsst. Letztlich aber handelt es sich dabei um oberflächliche Bezeichnungen ohne grössere Bedeutung.»

Barbara Colpi, USA: «In den USA ist man sehr grosszügig mit Komplimenten. Es heisst sehr schnell: ‹schöne Tasche, toller Rock›. Die Dinge werden kommentiert, man kommt ins Gespräch. In meinem Lieblingskiosk werde ich regelmässig mit ‹hi darling› oder ‹hi sweetie› begrüsst – ganz ohne Hintergedanken. Das gehört einfach dazu und klingt doch eigentlich auch ganz nett, auch wenn man sich ähnliche Begrüssungen in der Schweiz nicht vorstellen könnte.»

Ausserdem kann Lob bei gewissen Menschen auch das Gegenteil von Freude auslösen. So haben beispielsweise besonders ehrgeizige Personen möglicherweise Mühe mit Komplimenten, da sie von sich selbst noch bessere Leistungen erwarten. Bei zweifelnden Menschen hingegen wirkt sich ein Lob zum richtigen Zeitpunkt oft wohltuend aus.

Lernen, mit Lob umzugehen

Komplimente zu geben und anzunehmen, kann man trainieren. Ersteres, indem man – so simpel es auch klingen mag – lieber ein Lob zu viel, als eines zu wenig ausspricht. Zweiteres durch Beobachten: «Wie reagieren andere auf Komplimente? Das kann helfen, einen neuen Zugang dazu zu finden», sagt Sandra Figlioli Hofstetter. «Ausserdem kann man die persönliche Achtsamkeit schulen, indem man beobachtet, was Lob auslöst, wie es sich anfühlt.» Danach geht es darum, eine neue Reaktion einzuüben. «Annehmen, Kompliment wirken lassen, bedanken – mehr nicht.»

Schade, wenn der schöne Moment verpufft, nur weil man sich damit stresst, dem Gegenüber ebenfalls ein Kompliment machen zu müssen.
Autor: Sandra Figlioli Hofstetter Psychotherapeutin und Psychologin

Ein Gegenkompliment auszusprechen, um von der eigenen Unsicherheit abzulenken, ist kaum zielführend – und auch nicht nötig. «Diesen Mythos dürfen wir begraben», so die Psychotherapeutin. «Zudem ist es schade, wenn der schöne Moment verpufft, weil man sich damit stresst, dem Gegenüber ebenfalls ein Kompliment machen zu müssen.»

Radio SRF 3, 26.02.2025, 08:10 Uhr ; 

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