Es gibt doch nichts Schöneres, als einander wertzuschätzen – zum Beispiel mit einem netten Kompliment. «Komplimente wirken positiv auf alle Beteiligten», sagt Psychologin Sandra Figlioli Hofstetter. «Dabei wird das Hormon Dopamin ausgeschüttet, das auch zum Zug kommt, wenn das Belohnungssystem aktiviert wird.»
Nebst dem sogenannten Botenstoff des Glücks wird auf der neuronalen Ebene auch das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet. Studien belegen, dass Wertschätzung die Lebenszufriedenheit steigert, Stress abbaut und die psychische Gesundheit fördert. Vereinfacht formuliert: «Komplimente machen glücklich und verstärken die Bindung zweier Menschen.»
Was sind gute Komplimente?
Ehrlich und persönlich sollten sie sein, die Komplimente. Zufällige und allgemeine Lobhudeleien kommen weniger stark an. «Komplimente zu Äusserlichkeiten wie einem Kleidungsstück oder der neuen Frisur sind auch schön», sagt die Expertin. «Aber Lob, das auf die inneren Werte abzielt, wirkt längerfristiger.»
Auch das Setting und der Moment sind entscheidend. «Bei einer schwierigen Sitzung mit Kunden noch rasch die Arbeitskollegin für das schicke Oberteil zu loben, ist kaum zielführend.» Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt – gerade, wenn es um Komplimente fürs andere Geschlecht geht.
«Man kann sich fragen, ob man das gleiche Lob auch einer Person des eigenen Geschlechts aussprechen würde.» Mit anderen Worten: erfolgt das Kompliment unabhängig davon, ob das Gegenüber weiblich oder männlich ist, sollte es unproblematisch sein.
Warum fällt es uns schwer, Komplimente anzunehmen?
«Komplimente stellen Intimität zwischen zwei Personen her – man rückt etwas näher zusammen», sagt Sandra Figlioli Hofstetter. «Ist diese Intimität unangenehm, dann fällt es einem auch schwerer, das Lob anzunehmen.» Weiter kommt es auf die persönliche Prägung an. «Ist man sich seit der Kindheit gewohnt, Komplimente herunterzuspielen, kann man auch im Erwachsenenalter eher schlecht damit umgehen.»
Ausserdem kann Lob bei gewissen Menschen auch das Gegenteil von Freude auslösen. So haben beispielsweise besonders ehrgeizige Personen möglicherweise Mühe mit Komplimenten, da sie von sich selbst noch bessere Leistungen erwarten. Bei zweifelnden Menschen hingegen wirkt sich ein Lob zum richtigen Zeitpunkt oft wohltuend aus.
Lernen, mit Lob umzugehen
Komplimente zu geben und anzunehmen, kann man trainieren. Ersteres, indem man – so simpel es auch klingen mag – lieber ein Lob zu viel, als eines zu wenig ausspricht. Zweiteres durch Beobachten: «Wie reagieren andere auf Komplimente? Das kann helfen, einen neuen Zugang dazu zu finden», sagt Sandra Figlioli Hofstetter. «Ausserdem kann man die persönliche Achtsamkeit schulen, indem man beobachtet, was Lob auslöst, wie es sich anfühlt.» Danach geht es darum, eine neue Reaktion einzuüben. «Annehmen, Kompliment wirken lassen, bedanken – mehr nicht.»
Schade, wenn der schöne Moment verpufft, nur weil man sich damit stresst, dem Gegenüber ebenfalls ein Kompliment machen zu müssen.
Ein Gegenkompliment auszusprechen, um von der eigenen Unsicherheit abzulenken, ist kaum zielführend – und auch nicht nötig. «Diesen Mythos dürfen wir begraben», so die Psychotherapeutin. «Zudem ist es schade, wenn der schöne Moment verpufft, weil man sich damit stresst, dem Gegenüber ebenfalls ein Kompliment machen zu müssen.»