Im Herbst feiert Orange ein richtiges Hoch. Im Herbstlaub, im Kaminfeuer und durch die Kürbisse an Halloween leuchtet es an vielen Orten orange. Die Farbe war im deutschsprachigen Raum aber lange gar nicht als solche bekannt. Auch sonst steckt viel Überraschendes in der Farbe Orange.
1. Was war zuerst: die Orange oder die Farbe Orange?
Die Orange als Frucht kannten die Menschen hierzulande, bevor sie das Wort «orange» auch für die Farbe verwendet haben. Das Wort kommt wohl aus dem altindischen Sanskrit, von «naranga», dem Orangenbaum. Dieser stammt aus Asien.
In Mitteleuropa und im Gebiet der heutigen Schweiz ist die Orange erst im Mittelalter angekommen. In dieser Zeit sprachen die Menschen auch nicht von «orange», wenn sie etwa einen orangen Kürbis vor sich hatten. Gängiger waren «gelbrot» oder «rotgelb», dazu andere Farbbezeichnungen wie «Safran».
2. Fast grenzenlose Orangetöne
Heute bezeichnen wir Kürbisse, Rüebli oder Mandarinen ganz selbstverständlich als «orange». Dazu gibt es je nach Farbmodell dutzende bis hunderte von Orangetönen. Beispiele sind Bier-Orange, Aprikose, Basketball-Orange, Koralle, Bernstein, Oranje, Goldfisch-Orange, oder Ziegenlippen-Orange (wobei es hier nicht um das Organ des Tieres geht, sondern um den Pilz).
3. Marketingtraum Orange
Orange ist beliebt im Detailhandel. Das zeigt die Farbwahl der Schweizer Marktgrössen Coop und Migros. Orange macht auf Besonderheiten aufmerksam, erklärt Thomas Rudolph, Professor für Marketing und internationales Handelsmanagement an der Universität St. Gallen: «Die Farbe signalisiert, dass etwas Spannendes passiert. Weil es im Detailhandel Angebote und Neuheiten gibt, spielt Orange da auch eine wichtige Rolle.»
Laut Rudolph steht die Farbe Orange zudem für Freundlichkeit und Vitalität. Auf diese positiven Werbebotschaften setzen Detailhändler gerne. Anders etwa Banken oder Versicherungen, die Blau bevorzugen, welches Sicherheit und Seriosität vermittelt.
4. Allzweckwaffe Orange
Orange begegnet uns an den unterschiedlichsten Orten: Buddhistische Mönche tragen ebenso orange Kleidung wie Sträflinge in den USA oder Arbeiter auf Schweizer Baustellen. Als Signalfarbe funktioniert Orange gut, erklärt Christine Mohr, Professorin für kognitive Psychologie an der Universität Lausanne, welche zu Farben forscht: «Andere Farben mit ähnlicher Signalwirkung sind oft schon besetzt. Rot steht für Stopp und Gefahr. Gelb ist fast zu hell.»
Dadurch lässt sich Orange vielerorts einsetzen, ohne dass die Menschen vorgefertigte Verknüpfungen mit der Farbe haben. Ein weiterer Vorteil: Orange ist eine warme Farbe und wird meist als freundlich wahrgenommen.
5. Oranges Herbstlicht, das gibt’s!
Speziell bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang scheint der Himmel im Herbst rötlich, golden oder eben: orange. Das ist keine optische Täuschung, meint Simon Eschle von SRF Meteo: «Im Herbst steht die Sonne tiefer am Himmel und strahlt das Licht flacher auf die Erde.» Die Folge ist, dass das Licht einen weiteren Weg durch die Atmosphäre macht als im Sommer. «Das blaue Licht wird auf diesem Weg stärker gestreut als das rote und orange Licht. Bei uns kommt also mehr warmes Licht an», so der Meteorologe.
Mindestens genauso wichtig für den Eindruck, die Welt sei in Orange getaucht, ist aber das Verfärben des Herbstlaubs. «Die gesamte Umgebung wird orange, braun und rot», sagt Eschle. Und: «Im Herbst gibt es häufig über längere Zeit stabiles Wetter. Wir haben trockene Luft, welche das Sonnenlicht gut durchlässt.»