Nicht etwa im Tessin, sondern im unteren Bergell, zwischen den Dörfern Soglio, Bondo und Castasegna, stehen die grössten Kastanienhaine Europas. Im Oktober beginnt jeweils die Erntesaison. Wie es der Brauch will, werden zur Feier des Tages Marroni über dem Feuer geröstet. Dazu geniessen die Bäuerinnen und Bauern einen guten Wein. Eine alte Tradition, denn die Edelkastanie spielte lange Zeit eine wichtige Rolle als krisenfestes Nahrungsmittel.
Begehrt bis ins ferne Zürich
Das Interesse an den Bergeller Marroni ist nach wie vor sehr gross. Seit 15 Jahren findet jeweils im Oktober das «Festival della Castagna» mit zahlreichen Veranstaltungen rund um die Marroni statt. Auch der Verein der Kastanienproduzenten/innen wächst. Sogar im fernen Zürich öffnet im November ein Pop-Up-Store, der Vermicelles aus Bergeller Marroni verkauft.
Wildes Sammeln verboten
Edelkastanien liegen während der Erntesaison zwar zuhauf auf dem Boden herum. Dennoch darf man sie nicht einfach einsammeln. Die meisten Kastanienwälder befinden sich in Privatbesitz. Viele Touristen sind sich dessen nicht bewusst.
Allerdings gibt es ein paar Ausnahmen. Kastanien, die auf der Strasse gelandet sind, darf man mitnehmen. Ausserdem gibt es zwei ausgewiesene Gebiete, wo sich jedermann und jede Frau bedienen darf.
Dörren wie zu alten Zeiten
Um begehrtes Kastanienmehl herzustellen, müssen die Marroni vorerst gedörrt werden. Wie im Tessin, geschieht dies im Bergell ebenfalls in Dörrhäusern. In diesen uralten Hütten (Cascina) wird dafür ein Feuer entfacht. Hitze und Rauch steigen auf und dörren dabei die Kastanien, die im darüberliegenden Stockwerk gelagert werden.
Nachschub aus der Baumschule
Damit es den Kastanienwäldern weiterhin gut geht, wurde ein Projekt zur Verjüngung des Kastanienwaldes initiiert: eine eigentliche Kastanienbaumschule. Alte Kastanienbäume werden geschnitten und gepflegt, aber auch neue angepflanzt. Aus den sechs typischen Bergeller Sorten werden junge Kastanienbäume gezogen. Ein aufwändiges, aber vielversprechendes Unterfangen.