Naturjodelkonzerte boomen – und garantieren den Veranstaltern gefüllte Hallen oder Festzelte. Offenbar berühren diese ursprünglichen Jodelmelodien ohne Text nach wie vor. Besonders beliebt und stark gepflegt wird diese Art des Singens in den drei typischen Naturjodelregionen der Schweiz: Dem Bernbiet, der Zentralschweiz und der Ostschweiz.
«Ruggusserli» oder «Zäuerli»
In der Ostschweiz sind vorwiegend das Toggenburg und die beiden Appenzell für den Naturjodel bekannt. Im Kanton Appenzell Innerrhoden bezeichnet man die Naturjodel als «Ruggusserli», im Ausserrhodischen als «Zäuerli». Für Nicht-Appenzeller ist eine Unterscheidung sehr schwierig, und selbst Eingeweihte sprechen der Einfachheit halber heute manchmal einfach noch vom «Appenzeller Naturjodel». Der Unterschied zum Naturjodel aus dem geographisch eigentlich nahe gelegenen Toggenburg im Kanton St. Gallen ist hier schon klarer – diese Melodien sind lebhafter und meistens auch einiges archaischer, also weniger ruhig gesungen.
Sanft, rund oder kantig
Ganz anders klingen die Naturjodel in der Innerschweiz und im Kanton Bern. Die grösseren Tonsprünge in diesen Melodien unterstützen die These, dass der Naturjodel die Eigenart der Landschaft, in welcher sie gesungen werden, wiederspiegeln. So sind die Ruggusserli und Zäuerli aus dem Appenzellerland eben sanft und rund wie die Appenzeller Landschaft, die Jodel aus der Innerschweiz und dem Bernbiet wild und kantig wie die Berge in diesen Regionen.
Gleiche Melodie, andere Anmutung
Die ursprünglichsten Naturjodel entstanden in der freien Natur und wurden nicht aufgeschrieben. Diese Melodien wurden singenderweise weitergegeben, und jede Sängerin und jeder Sänger interpretierte die Melodien auf seine eigene Art. Noch heute üben etliche Jodelchöre die Naturjodel ohne Noten ein – und so kann es durchaus sein, dass ein Naturjodel mit demselben Ursprung und Titel vom einen Chor ganz anders gesungen wird als vom Jodlerklub im Nachbardorf.