«Bettina, es soll nicht 08/15 sein», haben sie gesagt. «Weder die Menschen noch ihre Tätowierungen», haben sie gesagt. Aight, challenge accepted.
Yasna ist alles andere als die stinknormale Frau Müller, welche neben dir wohnt. Und ich wette, die Frau Müller hat auch keine Banane in ihr Gesicht tätowiert? Eben. (Tschuldigung an dieser Stelle an alle «Müllers», ich habe nichts gegen euch, es war nur ein Beispiel.)
Yasna. Zwei Nacktkatzen. Die Banane. Und ich.
Klarer Fall also, dass ich unbedingt Yasna mit ihrem Bananen-Tattoo portraitieren wollte. Sie hat seit über zwei Jahren ein eigenes Studio in Zürich; das Vergiss mein nicht Tattooatelier . Über Mittag bin ich zu ihr nach Hause gefahren. Sie hat in einem Affenzahn ihr Pouletbrüstli runtergeschlungen. Ihre beiden Nacktkatzen sind mir um die Beine gestrichen, und dann war sie ready.
Nie wollte Yasna eine Tätowierung im Gesicht, erzählt sie mir: «Das ist doch so ein hohler Trend. Leute, welche sonst keine Tattoos haben und sich den Grind zuhacken lassen (kleine Anmerkung von mir: mit «zuhacken» ist «zutätowieren» gemeint), weil sie meinen, dann besonders krass zu wirken. Dann tun sie noch so gefühlsschwanger, machen auf oberheilig und lassen sich ein Kreuz, ein Herz oder eine Träne stechen.» Grad extra darum habe sie sich für eine Banane entschieden.
Die Banane hat sie sich als Witz stechen lassen
Eigentlich wollte sie eine WC-Schüssel unter dem Auge haben. Ihr Tätowierkollege meinte darauf kurz und knapp, dass er ihr das sicher nicht stechen werde. Ihre zweite Wahl: die Banane. Voilà, die Banane war geboren. «Jetzt habe ich diese Banane, finde es lustig und jeder Zweite fragt mich, ob es eine Banane sei und warum ich sie habe. Eigentlich stach ich sie mir nur darum, damit jeder dumme Fragen stellen kann.» Sie lacht schallend. - Ich bin biz Fan! Von ihr und der Banane.
Ob sie diese Frucht mitten in der Fresse mal bereut hat, will ich von ihr wissen. «Nein. Ich liebe sie, sie ist perfekt. Mittlerweile fällt sie mir gar nicht mehr auf. Heisst: Sie passt wunderbar in mein Gesicht.»
Das Gaffen fällt ihr gar nicht mehr auf
Ja, es gebe mehr Blicke als vor der Banane. Sei ja logo. Und wenn man so rumlaufe, müsse man halt auch einfach mit dem Gegaffe rechnen und es ertragen können.»
Ich finde es nicht cool, wenn Leute zu mir kommen und ins Gesicht sagen: ‹Hey wääh, huere grusig!›
«Sie dürfen über die Tätowierung denken, was sie wollen. Sie dürfen mich auch hässlich finden. Das ist mir eigentlich egal. Aber man geht doch nicht direkt zu jemandem hin und sagt demjenigen, er sei grusig. Das ist frech.» Meistens könne sie darüberstehen, aber an schlechten Tagen treffe es sie doch irgendwie.
Einmal sei in Bern ein Grosi an ihr vorbeigelaufen und habe genau den Satz mit dem «grusig» gesagt. Bääm. Yasna ist ihr hinterher und sprach sie darauf an. Das sei doch Ansichtssache, und sie dürfe das auch ruhig denken, aber es so rauszuposaunen, sei nicht fair. «Das Grosi erschrak und entschuldigte sich bei mir. Sie habe das halt einfach noch nie gesehen. Wir redeten miteinander und mussten am Schluss beide ein bisschen lachen.»
Die Sache mit dem Glacéwurm
Eigentlich wäre jetzt genug Heu unten (kann man dieses Sprichwort im Deutschen überhaupt sagen? Ich glaube nicht). Der Artikel ist genug lang und fertig. Aber ich möchte dir noch so gerne den Glacéwurm zeigen. Er tront nicht in Yasnas Gesicht, sondern auf ihrem rechten Oberschenkel. Lug:
Die ehemalige Zimmerpartnerin von Yasna hat im Heim dieses Glacé immer gezeichnet. Als Kind habe man doch so diese eine Zeichung, welche man immer wieder kritzelt. Bei ihrer Freundin war das eben immer dieses Cornet. Und wegen den Augen sieht es ein bisschen aus wie ein Glacéwurm. «Es heisst einfach Glacé. Nicht Glacéwurm.» Ah ou, tschuldigung.
Ich muss schmunzeln. Wegen dem Glacé. Der Banane. Wegen dem runtergeschlungenen Pouletbrüstli. Den Nacktkatzen. Und weil Yasna so erfrischend anders ist. Echt. Wunderprächtig und nicht 08/15. Keine Müller. Haha.