Die Story
Auch wenn es immer wieder angezweifelt wird: Ja, die NASA ist am 21. Juli 1969 tatsächlich auf dem Mond gelandet. Im Gegensatz zu anderen Verfilmungen der Mondlandung steht bei «First Man» allerdings weniger der Mond, dafür der Mensch im Zentrum.
«First Man» konzentriert sich wortwörtlich auf den «First Man», den ersten Mann auf dem Mond. Wer war dieser Neil Armstrong wirklich – und wie tickt jemand, der sich freiwillig in einer Blechkapsel über 350’000 Kilometer von der Erde wegschiessen lässt?
Das hat funktioniert
«First Man» ist ein technisches Meisterwerk. Im Gegensatz zu anderen Weltraum-Filmen, in denen die Raumfahrt oft als etwas Glamouröses dargestellt wird, setzt Regisseur Damien Chazelle in seinem Nachfolger zu «La La Land» und «Whiplash» auf Realismus.
Die hell beleuchteten, luxuriös ausgestatteten Raumkapseln sucht man in «First Man» vergebens. Überall rattert, ruckelt und brummt es. Noch nie hat sich die Raumfahrt so echt angefühlt. Als Zuschauer fragt man sich bereits nach wenigen Minuten: Wieso würde sich jemand freiwillig in eine solche Sardinenbüchse setzen und damit die Erde verlassen wollen?
Auch die Schauspieler brillieren. Aber Vorsicht: Ryan Goslings stoische und realitätsgetreue Darstellung von Neil Armstrong dürfte Fans seiner mehr lebhaften Performances («La La Land», «Crazy Stupid Love») vor den Kopf stossen.
Das hat nicht funktioniert
Das Marketing. In den amerikanischen Kinos ist der Film bereits Mitte Oktober angelaufen – und die Einspielergebnisse blieben bislang unter den Erwartungen. Ein möglicher Grund dafür: Der Film ist einer «Fake News»-Kontroverse zum Opfer gefallen.
Nach den ersten Pressescreenings des Films tauchte plötzlich das Gerücht auf, Chazelle habe mit «First Man» einen «unpatriotischen» Film gemacht. Sogar die amerikanische Flagge soll im Film bewusst umgangen werden!
Auch wenn diese Behauptungen natürlich totaler Unsinn sind – selbstverständlich ist die US-Flagge überall im Film zu sehen, auch auf dem Mond –, war diese Kontroverse ein gefundenes Fressen für konservative US-Kommentatoren.
Als sich der – Achtung – in Kanada geborene (!!!) Gosling dann zusätzlich noch erlaubte, in einem Interview den folgenschweren Satz «Ich glaube nicht, dass sich Neil Armstrong als amerikanischen Helden sah» äusserte, wurde die Entrüstung sogar noch grösser. (Dass auch dieser Satz völlig aus dem Kontext gerissen wurde, spielt in der «Fake News»-Ära bekanntlich keine Rolle.)
Fazit
«Schon wieder ein Film über die Mondlandung?» ist eine nachvollziehbare erste Reaktion auf «First Man». Aber beim Endergebnis dürfte es selbst dem grössten Raumfahrt-Zyniker bisweilen die Sprache verschlagen. Denn so nahe wie in den finalen 30 Minuten von «First Man» ist man dem Mondspaziergang als Durchschnittsbürger bislang noch nie gekommen.
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4.5 von 5 Punkten