Bezüglich Auswahl haben wir uns streng auf jene Filme konzentriert, deren offizieller Starttermin in Deutschschweizer Kinos zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 2017 fiel. Auf Festival-Highlights, die erst nächstes Jahr offiziell anlaufen, haben wir verzichtet.
Mit seinem letzten Film, dem Meisterwerk «Beginners», setzte Regisseur Mike Mills seinem Vater ein Denkmal. Für sein neustes Werk «20th Century Women» legte er sein Augenmerk nun auf die andere Hälfte seiner Eltern – und erschuf ein wunderschönes Portrait über seine Mutter und weitere Frauen, die einen massgeblichen Einfluss auf seine Jugendjahre hatten.
Übrigens ist «20th Century Women» nicht nur ein emotionaler (und wunderschön gemachter!) Einblick in einen ganz bestimmten Lebensabschnitt des Regisseurs, sondern auch einer der schönsten Musikfilme der letzten Jahre. Die Handlung des Films spielt 1979, dementsprechend wichtig sind Punkmusik und Post-Punk für die Figuren im Film. -- Luca
Das Duell zwischen Bobby Riggs und Billie Jean King (1973) ist bis heute der meist gesehene Tennismatch der US-Fernsehgeschichte. Dessen Verfilmung «Battle of the Sexes» wird dem epischen Geschlechterduell mehr als gerecht.
Die Macher von «Little Miss Sunshine» beweisen ihr Gespür für grossartige Charakterzeichnung und machen aus der Geschichte einen sensiblen und super unterhaltsamen Feel-Good-Movie. -- Ann [mehr: unser Review]
Man drücke «Arrival»-Regisseur Denis Villeneuve 185 Millionen Dollar in die Hand und stelle ihn vor eine praktisch unlösbare Aufgabe: Mach' eine Fortsetzung zu einem der besten Sci-Fi-Kultfilme aller Zeiten!
Umso überraschender, dass das neue Kapitel, welches Villeneuve zusammen mit Ryan Gosling und Harrison Ford entwarf, mit dem 30 Jahre alten Original tatsächlich mithalten kann. Die Zukunftsvision «Blade Runner 2049» war vor allem auf der grossen Leinwand ein grosses Fest fürs Auge und Ohr. Es seien hier die berauschende Kameraarbeit von Maestro Roger Deakins und der Soundtrack speziell hervorgehoben. -- Luca
Am «Día de Muertos», dem Tag der Toten, verirrt sich der 12-jährige Miguel ins Reich der Toten. Fazit: Wieder einmal hat uns Pixar zum Heulen gebracht.
Der neuste Film aus der Disney-Abteilung für «seriöse» Animationsfilme überzeugte nicht nur mit einer gewohnt detailverliebten Story und einem tollen Soundtrack, sondern auch mit seiner Machart. Die phänomenale Regiearbeit und die abenteuerlichen Kamerafahrten machen «Coco» zum wohl bestaussehendsten Pixar-Werk seit «Ratatouille». -- Luca
Nach einflussreichen Comicbuchverfilmungen («The Dark Knight») und beeindruckendem Sci-Fi-Spektakel («Inception», «Interstellar»), widmete sich Christopher Nolan endlich wieder einem fundierteren Thema: dem zweiten Weltkrieg.
Ein Kriegsepos gehört ins Repertoire eines jeden «grossen» Regisseurs. Wer von Nolan und «Dunkirk» allerdings ein mehrstündiges Epos mit bombastischen Schlachten erwartete, wurde angenehm überrascht. «Dunkirk» ist von seiner Form und Struktur her ein fast schon experimentelles Werk, das den zu erwartenden Hollywood-Balast von der ersten Sekunde an über Bord wirft. Und der Soundtrack von Hans Zimmer sorgt auch Monate später noch für Schweissausbrüche und angeknabberte Fingernägel. -- Luca [mehr: unser Review]
Unsere Nummer eins in der Kategorie Horror: eine junge weisse Frau macht mit ihrem dunkelhäutigen Freund einen Wochenendtrip ins Elternhaus. Für letzteren verwandelt sich der dortige Aufenthalt allerdings in einen schauerhaften Albtraum.
Regisseur Jordan Peele spielt gelungen mit vertrauten Horrorfilm-Motiven und mischt diese mit dem Thema des Rassismus in liberalen Grossbürgerkreisen Amerikas. Ein Horrorfilm mit Tiefgang. -- Ann [mehr: unser Review]
2017 flimmerten starke Schweizer Filme über die Leinwände: «Blue My Mind», «Die Göttliche Ordnung», «Willkommen in der Schweiz», doch unser Schweizer Liebling heisst «Goliath».
Ein junger Mann fängt an, exzessiv Krafttraining zu machen und Steroide zu spritzen, nachdem er seine schwangere Freundin bei einem Überfall in einer S-Bahn nicht beschützen konnte. Ein berührendes, zutiefst authentisches Portrait über den gesellschaftlichen Druck männlicher Geschlechterideale. -- Ann [mehr: unser Review | Interview mit Regisseur Dominik Locher]
Wer ständig und überall von «Call Me By Your Name» liest, der nächstes Jahr auf dieser Liste zu finden sein wird, und nicht bis zum 1. März warten mag, dem sei hier Lee Francis' Debütfilm empfohlen, der momentan noch in unseren Arthouse-Kinos läuft. In diesem erzählt er eine fast wortlose Liebesgeschichte, die in der kalten nordenglischen Winterlandschaft spielt. -- Luca
Der beste Dokumentarfilm auf unserer Liste heisst «I Am Not Your Negro». Der Film von Raoul Peck zeigt anhand von historischem Material und Filmausschnitten Auszüge aus den Werken des schwarzen, homosexuellen Schriftstellers James Baldwin. Baldwin war zu Zeiten von Malcolm X und Martin Luther King eine der wichtigsten intellektuellen schwarzen Stimmen. Verstörend, wie hochaktuell seine Worte leider immer noch sind.
Gesprochen werden seine Texte übrigens von niemand geringerem als Samuel L. Jackson. -- Ann
Kaum zu Glauben aber wahr: der erste Tag, an dem «La La Land» in Deutschschweizer Kinos lief, war der 13. Januar 2017. Dabei hat das rasant erzählte Musical von «Whiplash»-Regisseur Damien Chazelle in unseren Köpfen doch schon längst fast Klassiker- respektive Kultstatus erreicht. Oder?
So viele Worte und Meinungen wurden über die Geschichte von Mia und Sebastian in den letzten 12 Monaten geschrieben, so viele Schlagzeilen (nicht zuletzt dank einer spektakulären Oscar-Verleihung) hat der Film gemacht, so dass wir dem ganzen Trubel eigentlich nichts mehr beifügen können. Ausser eben: was für ein fantastischer Film. -- Luca
Lachen und Weinen: zwei Emotionen, welche dieses Jahr bei wohl keinem anderen Film so nahe beieinander lagen wie beim neusten Werk von Kenneth Lonergan.
Die Ausgangslage: Lee und seiner Frau Randi werden Opfer einer furchtbaren Tragödie. Daraufhin zieht sich Lee zurück und fristet ein einsames Dasein als Hausmeister. Dann stirbt sein Bruder – und Lee wird gezwungen sich den Dämonen seiner Vergangenheit zu stellen.
Was im Trailer nach Hollywood-Kitsch und überzeichnetem Drama aussieht, ist in Wirklichkeit eine äusserst subtil und überraschend humorvoll erzählte Geschichte über Verlust, Trauer und zwischenmenschliche Beziehungen. Selten waren Dialoge auf der Leinwand so natürlich wie in «Manchester by the Sea». -- Luca
«Moonlight» erzählt in drei Akten die Geschichte von Chiron, einem jungen Afroamerikaner in Miami, der in der Adoleszenz seine Homosexualität entdeckt.
Der Film überzeugt mit der ergreifenden Charakterentwicklung des Protagonisten und einem grossartigem Cast (vor allem Naomie Harris in der Rolle der drogenabhängigen Mutter Paula und Mahershala Ali als liebenswürdiger Drogendealer Juan). Dafür gabs im März den Oscar für den Besten Film. -- Ann
Eine Oma im Rollstuhl, ein schwarzer Satanist, ein indischer Apotheker und eine dicke weisse Rapperin. Patti Cake$’ Crew ist die wohl schrägste der Rap-Geschichte.
Trotzdem (oder gerade deswegen) verdient dieser Film den Stempel Hip-Hop-Film des Jahres. Denn er bricht auf unglaublich unterhaltsame und gleichzeitig sensible Art und Weise jene Klischees, die immer noch an der Kultur hängen. Und er liefert uns die coolste Leinwandheldin des Jahres. -- Ann [mehr: unser Review]
Museumskurator und Superhipster Christian kommt an seine moralischen Grenzen, als ihm sein Handy geklaut wird und er den Dieb in einem sozial benachteiligten Quartier zu finden versucht.
«The Square» ist eine gestochen scharfe Gesellschaftssatire über die verlogene links intellektuelle Kunstszene und liefert uns die bitterbösesten Filmbilder des Jahres. -- Ann
«Tehran Taboo» zeigt anhand der Geschichten von vier jungen Iraner_innen den Alltag in Teheran, wo durch religiöse Gesetze und die strenge Sittenpolizei die Freiheit der Menschen auf ein Minimum reduziert wird.
Um uns einen so tiefen und wahrheitsgetreuen Einblick in die iranische Gesellschaft zu gewähren, haben die Macher von «Teheran Taboo» vieles aufs Spiel gesetzt: weder Cast noch Regisseur dürfen in ihre Heimat zurück. -- Ann
Comicbuch-Verfilmungen – insbesondere jene vom Marvel-Verlag – neigten während den letzten Jahren allzu oft dazu, lediglich «Dienst nach Vorschrift» abzuliefern. Ja, die meisten dieser Filme sind spassig inszeniert, schlussendlich hat man den Inhalt aber bereits 10 Minuten nach dem Kinobesuch wieder vergessen.
Zwar bricht auch der neuseeländische «Thor: Ragnarok»-Regisseur Taika Waititi nicht mit allen Comicbuch-Konventionen, aber wenigstens rührte er mit der RICHTIG GROSSEN Kelle an. «Thor: Ragnarok» ist nicht nur der bislang beste «Thor»-Streifen, er war auch das bunteste und verrückteste Filmabenteuer des Jahres. Endlich eine Comicbuch-Verfilmung, die ihrem Namen auch wirklich gerecht wird. -- Luca
Die transsexuelle Marina wird nach dem Tod ihres Lebenspartners ins soziale Abseits gedrängt und pocht auf ihr Recht auf Würde und Trauer.
Der chilenische Regisseur Sebastián Lelio gewährt uns in «Una mujer fantástica» einen aufwühlenden Einblick in das Leben einer transsexuellen Frau. Am berührendsten ist dabei die Selbstverständlichkeit, mit der er ihre Liebesbeziehung darstellt. -- Ann [mehr: unser Review]