Wie spricht man ein schwer greifbares Thema wie Armut an, ohne dabei belehrend oder distanziert zu wirken? Das Projekt «Luutstarch» der youngCaritas Zürich hat darauf eine Antwort in kreativer Form gefunden: Rap. Mithilfe von erfahrenen Musikschaffenden setzen sich Jugendliche in Workshops mit der Thematik auseinander und erarbeiten eigene Texte, die ihre Sichtweisen, Erfahrungen und Lösungsvorschläge widerspiegeln.
Armut wird in der Schweiz oft übersehen. Dabei sind laut Caritas über eine Million Menschen von relativer Armut betroffen oder bedroht. Besonders betroffen sind Familien mit mehreren Kindern, Alleinerziehende oder Working Poor. Die gesellschaftliche und psychologische Dimension dieser Armut ist erheblich: finanzielle Engpässe, Stigmatisierung und eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten prägen den Alltag vieler Betroffener.
Die Workshops von «Luutstarch» greifen diese Realitäten auf und machen sie für Jugendliche erfahrbar. Ziel ist es, Vorurteile abzubauen, Empathie zu fördern und den eigenen Umgang mit Geld und Konsum zu reflektieren.
Rap als Brücke zur Reflexion
Nach einer kurzen Einführung in die Grundtechniken des Rappens entwickeln die Jugendlichen gemeinsam mit erfahrenen Msikerinnen und Musikern einen eigenen Song. Dabei stehen zentrale Fragen im Raum: Was bedeutet Armut für mich? Wie nehme ich soziale Ungleichheit wahr? Welche Wege gibt es, gesellschaftliche Ungerechtigkeiten anzugehen? Die Jugendlichen lernen nicht nur, ihre Gedanken in künstlerischer Form auszudrücken, sondern setzen sich auch kritisch mit ihrer eigenen Umgebung und ihren Privilegien auseinander.
Zämmehebe statt Tüüre ufbaue.
Ein Beispiel aus einem der Workshops: Tosca, 15, beschreibt in ihrem Rap die stille Belastung, die sie erlebt, wenn sie Freunden gegenüber ihren finanziellen Einschränkungen nicht ansprechen kann. Ihr Text endet mit einem Appell an die Gemeinschaft: «Zämmehebe statt Tüüre ufbaue.»
Vom Pausenplatz auf die digitale Bühne
Fertige Songs werden nicht nur im Workshop präsentiert, sondern auch in der Beitragsgalerie von «Luutstarch» veröffentlicht. Die Jugendlichen haben zudem die Möglichkeit, ihre Werke auf den eigenen Social-Media-Kanälen zu teilen. Die Rückmeldungen seien dabei oft genauso wichtig wie die Produktion selbst: «Ich hätte nie gedacht, dass meine Gedanken andere berühren können», sagt Melvin, 16, nach der Präsentation seines Textes.
Kreativität als Werkzeug gegen gesellschaftliche Ungleichheit
Das Projekt soll zeigen, wie wirkungsvoll kreative Ansätze in der Bildungsarbeit sein können. «Rap bietet Jugendlichen eine Plattform, ihre Stimme zu erheben und über ihre eigenen Erfahrungen nachzudenken», sagt Niki B Fly, eine der Workshopleiterinnen. Dabei wird nicht nur künstlerisches Talent gefördert, sondern auch das Verständnis für komplexe gesellschaftliche Themen gestärkt.
Durch die Verbindung von Rap und sozialkritischer Reflexion möchte «Luutstarch» Jugendlichen eine Plattform bieten, um über Themen zu sprechen, die sonst oft tabuisiert werden. Und das alles auf eine Art und Weise, die niemanden zurücklässt.