Zum Inhalt springen

Armut und Rap Armut ist näher, als man denkt: Jugendliche machen sie hörbar

In den kreativen Workshops der youngCaritas Zürich setzen sich Schülerinnen und Schülern mit Armut auseinander. In der Schweiz sind über eine Million Menschen von relativer Armut betroffen oder bedroht.

Wie spricht man ein schwer greifbares Thema wie Armut an, ohne dabei belehrend oder distanziert zu wirken? Das Projekt «Luutstarch» der youngCaritas Zürich hat darauf eine Antwort in kreativer Form gefunden: Rap. Mithilfe von erfahrenen Musikschaffenden setzen sich Jugendliche in Workshops mit der Thematik auseinander und erarbeiten eigene Texte, die ihre Sichtweisen, Erfahrungen und Lösungsvorschläge widerspiegeln.

Armut wird in der Schweiz oft übersehen. Dabei sind laut Caritas über eine Million Menschen von relativer Armut betroffen oder bedroht. Besonders betroffen sind Familien mit mehreren Kindern, Alleinerziehende oder Working Poor. Die gesellschaftliche und psychologische Dimension dieser Armut ist erheblich: finanzielle Engpässe, Stigmatisierung und eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten prägen den Alltag vieler Betroffener.

Die Workshops von «Luutstarch» greifen diese Realitäten auf und machen sie für Jugendliche erfahrbar. Ziel ist es, Vorurteile abzubauen, Empathie zu fördern und den eigenen Umgang mit Geld und Konsum zu reflektieren.

Das Projekt «Luutstarch» von youngCaritas Zürich

Box aufklappen Box zuklappen

Ziel dieses Projektes ist die Sensibilisierung Jugendlicher gegenüber Armut in der Schweiz.

In Workshops setzen sich die Teilnehmenden mit Wertvorstellungen zu Armut und Reichtum auseinander und sprechen über Themen wie finanzielle Engpässe, Sozialamt-Abhängigkeit und Ausgrenzung.

Rap als Brücke zur Reflexion

Nach einer kurzen Einführung in die Grundtechniken des Rappens entwickeln die Jugendlichen gemeinsam mit erfahrenen Msikerinnen und Musikern einen eigenen Song. Dabei stehen zentrale Fragen im Raum: Was bedeutet Armut für mich? Wie nehme ich soziale Ungleichheit wahr? Welche Wege gibt es, gesellschaftliche Ungerechtigkeiten anzugehen? Die Jugendlichen lernen nicht nur, ihre Gedanken in künstlerischer Form auszudrücken, sondern setzen sich auch kritisch mit ihrer eigenen Umgebung und ihren Privilegien auseinander.

Zämmehebe statt Tüüre ufbaue.
Autor: Tosca, 15 Teilnehmerin des Workshops «Luutstarch» der youngCaritas

Ein Beispiel aus einem der Workshops: Tosca, 15, beschreibt in ihrem Rap die stille Belastung, die sie erlebt, wenn sie Freunden gegenüber ihren finanziellen Einschränkungen nicht ansprechen kann. Ihr Text endet mit einem Appell an die Gemeinschaft: «Zämmehebe statt Tüüre ufbaue.»

Vom Pausenplatz auf die digitale Bühne

Fertige Songs werden nicht nur im Workshop präsentiert, sondern auch in der Beitragsgalerie von «Luutstarch» veröffentlicht. Die Jugendlichen haben zudem die Möglichkeit, ihre Werke auf den eigenen Social-Media-Kanälen zu teilen. Die Rückmeldungen seien dabei oft genauso wichtig wie die Produktion selbst: «Ich hätte nie gedacht, dass meine Gedanken andere berühren können», sagt Melvin, 16, nach der Präsentation seines Textes.

Nicky B Fly

Musikerin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Nicky B Fly ist Musikerin mit Wurzeln in Kinshasa und Zürich. In ihrer Musik verbindet die alleinerziehende Mutter Hip-Hop und Afro Beats und nutzt Sprachen wie Schweizerdeutsch, Französisch, Englisch und Lingala. 2022 setzte sich sie Fly beim CokeSTUDIO Soundcheck durch, einem nationalen Wettbewerb zur Förderung aufstrebender Künstler:innen. Sie trat unter anderem am Montreux Jazz Festival auf und wurde 2023 für den Swiss Diversity Award nominiert. Neben ihrer musikalischen Tätigkeit leitet sie Workshops für Jugendliche, in denen sie Themen wie Selbstvertrauen und Kreativität vermittelt.

Kreativität als Werkzeug gegen gesellschaftliche Ungleichheit

Das Projekt soll zeigen, wie wirkungsvoll kreative Ansätze in der Bildungsarbeit sein können. «Rap bietet Jugendlichen eine Plattform, ihre Stimme zu erheben und über ihre eigenen Erfahrungen nachzudenken», sagt Niki B Fly, eine der Workshopleiterinnen. Dabei wird nicht nur künstlerisches Talent gefördert, sondern auch das Verständnis für komplexe gesellschaftliche Themen gestärkt.

Durch die Verbindung von Rap und sozialkritischer Reflexion möchte «Luutstarch» Jugendlichen eine Plattform bieten, um über Themen zu sprechen, die sonst oft tabuisiert werden. Und das alles auf eine Art und Weise, die niemanden zurücklässt.

Die Sendung «mitenand»

Box aufklappen Box zuklappen
Hände greifen ineinander.
Legende: SRF

Mit kurzen Reportagen nimmt «mitenand» die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise – in eine Welt jenseits der Schlagzeilen.

Im Fokus der Sendungen stehen Menschen, die im Kleinen die grossen Probleme unserer Zeit angehen sowie soziale oder ökologische Projekte gemeinnütziger Organisationen.

Das soziale Engagement in der Schweiz und im Ausland bildet dabei den Rahmen.

SRF1, 26.1.2025, 19:20 Uhr

Meistgelesene Artikel