Im Unterschied zu einschlägigen Pornowebseiten kann der Onlyfans-User über Direktnachrichten mit den Content Creators, auch Models genannt, in Kontakt treten. Fans und Creators würden so «authentische Verbindungen» aufbauen, wirbt die Erotikplattform auf ihrer Webseite.
Doch diese Versprechen werden nicht immer eingehalten, wie Recherchen von SRF zeigen. Um die dubiosen Machenschaften aufzuzeigen, schleuste sich ein «rec.»-Reporter bei einer kanadischen Agentur als Chatter ein. Diese ist auf die Profitmaximierung von Onlyfans-Konten spezialisiert.
Manipulative Methoden
Als Vorbereitung auf ihren Einsatz werden Chatter mit Lernvideos und Chatskripts angeleitet. Es geht darum, mit perfiden Mitteln möglichst viel Umsatz zu generieren.
So heisst es in einem dieser Lernvideos: «Schau, dass der Fan spitz bleibt, damit er möglichst viel Content kauft. Stelle sicher, dass er nicht kommt, bis er mindestens drei Bündel mit Content gekauft hat.»
Das Ziel ist, dass sich die Männer in das Model verlieben. So können wir ihnen den Inhalt teuer verkaufen.
Eine Frau aus den Philippinen, wo viele Chatter rekrutiert werden, gibt gegenüber SRF anonym Insiderwissen preis: «Das Ziel ist, dass sich die Männer in das Model verlieben. So können wir ihnen den Inhalt teuer verkaufen. Unzählige Männer, mit denen ich im Namen des Models schreibe, denken, sie seien ihr Freund.» Die Chatterin arbeitet für zwei Agenturen 16 Stunden pro Tag und verdient so rund 2000 Dollar im Monat.
Ein Schweizer Agenturinhaber, der ebenfalls anonym bleiben möchte, erklärt, dass Onlyfans-Models mit grosser Reichweite die Nachrichten der Abonnenten gar nicht alle selbst beantworten könnten.
Der Umsatz der OnlyFans-Konten liesse sich ohne Ghostwriter kaum steigern. Auf den Betrug angesprochen, winkt er ab: «Am Ende ist es dem Konsumenten egal, wer zurückschreibt. Hauptsache, er hat eine Konversation. Bis jetzt hat sich noch niemand beschwert.»
Sexting ist ein Knochenjob
Der Ghostwriter-Job ist hart und vor allem ekelerregend. Während seiner verdeckten Recherche gibt sich der «rec.»-Reporter im Auftrag der Agentur als Model aus und chattet während fünf Stunden mit unzähligen Abonnenten. Obwohl er versucht, die Anleitungen der Agentur zu befolgen, generiert er am Ende seiner Schicht nur 78 Dollar Umsatz.
Wie die SRF-Recherchen zeigen, arbeiten Chatter normalerweise auf Provisionsbasis und erhalten rund drei bis zehn Prozent des Umsatzes. Manche Agenturen bezahlen einen Stundenlohn von zwei bis fünf Dollar.
Agentur und Onlyfans äussern sich nicht
Die kanadische Agentur, die den SRF-Reporter als Onlyfans-Chatter einsetzte, will sich nach Offenlegung der Recherchen nicht dazu äussern und auch keine Fragen gegenüber SRF beantworten.
Onlyfans selbst unterbindet diese Art von Geschäftsmodell mit Agenturen und Ghostwritern nicht. Die Plattform lässt gegenüber SRF lediglich verlauten, die Abonnenten hätten die Möglichkeit, sich bei der Plattform zu beschweren und ihr Geld zurückzuverlangen.
Die Erotikplattform Onlyfans, die Agenturen sowie die Chatter verdienen am Ende an jenen Abonnenten, die glauben, sie hätten eine «authentische Verbindung» zu den Models.