«Man sieht es schon an den Autos: Uns geht es hier einfach gut», sagt Peter Eisler, während er über das Parkdeck des Dolder Grands in Zürich läuft – vorbei an Luxusautos, wartenden Chauffeuren und mehreren Portiers. «Hier gilt: no worries. Du hast hier einfach keine Sorgen.» Der 23-Jährige arbeitet seit rund eineinhalb Jahren als Concierge in einem der bekanntesten Luxushotels der Schweiz.
Sein Hauptarbeitsplatz ist der Concierge-Desk in der Eingangshalle. Dort steht er den Gästen jederzeit zur Verfügung. «Concierge Peter Eisler, good morning», meldet er sich am Telefon. Gleichzeitig prüft er am Computer die Verfügbarkeit eines Limousinenservices nach Steinhausen. «Ist es für Sie in Ordnung, mit einer S-Klasse chauffiert zu werden?», fragt er den Gast, der bereits in zehn Minuten losfahren möchte.
Manche Gäste legen grossen Wert darauf, in welchem Fahrzeug sie chauffiert werden, erzählt er. Manchmal würden sie ihm auch detaillierte Listen mit ihren Wünschen schicken: Soll es Gespräche während der Fahrt geben, oder nicht? Ein bestimmter Radiosender oder keine Musik? Verdeck offen oder geschlossen? Stilles Wasser oder prickelnd? Selbst die Feuchttücher mussten schon von einer spezifischen Marke sein. Gibt es diese nicht in der Schweiz, müssen sie eben aufgetrieben werden. Doch genau darin sieht er seine Aufgabe: Als Concierge sei er nämlich ein Wunscherfüller.
Sein Arbeitsalltag bestehe aus vielen Buchungen für Restaurants und Limousinenfahrten. Doch sein Service gehe darüber hinaus: «Tagtäglich wollen Gäste, dass ich ihnen vier Tage durchplane.» All das müsse häufig schnell gehen. Auch wisse er meist zu Beginn seiner Schicht nicht, was auf ihn zukommt: «Es kann sein, dass jetzt eine Familie herunterkommt und sagt, dass sie Skifahren gehen möchte. Aber sofort, am liebsten schon vor fünf Minuten.»
Die Gäste wollen es so, also muss es möglich sein.
Ob der Aufwand für die Erfüllung eines Wunsches gerechtfertigt ist – etwa bei der Besorgung der speziellen Feuchttücher aus dem Ausland – darüber macht sich Peter keine Gedanken. «Die Gäste wollen es so, also muss es möglich sein», sagt er. Immer wieder komme es aber vor, dass er die Anfragen der Gäste schon so gut wie fertig organisiert habe und diese sich dann doch kurzfristig für etwas anderes entscheiden. Da sei er schon manchmal etwas enttäuscht, gibt er zu.
Zahl der 5-Sterne-Hotels in der Schweiz nimmt zu
In der Schweiz gibt es immer mehr Luxushotels. Die Anzahl der 5-Stern-Betriebe war vergangenes Jahr um 23 Prozent höher als vor zehn Jahren. Das Dolder Grand in Zürich ist eines von ihnen und feierte letztes Jahr sein 125. Jubiläum. Immer wieder residierten auch prominente Gäste wie Winston Churchill, Nelson Mandela, Justin Bieber oder Rihanna in einem der 175 Zimmer.
Von prominenten Gästen bekommt Peter in der Regel nicht viel mit, da diese meist kaum mit dem Hotelpersonal interagieren. Sie werden von ihrem eigenen Team ins Hotel rein und rausgeschleust. «Die kommen nicht zu dir und fragen nach einem Restauranttipp», erzählt er. «Das übernimmt ihr eigenes Team, das sich dafür mit uns in Verbindung setzt.»
Wer im Dolder übernachtet, versucht das Hotel geheim zu halten. Diskretion hat auch für die Concierges oberste Priorität. Auch wenn Peter ein Idol eines seiner Freunde sieht, dürfe er dies auf keinen Fall weitersagen, betont er. So kursieren regelmässig Spekulationen über mögliche Aufenthalte prominenter Gäste. Zuletzt war dies beim Konzert der US-amerikanischen Sängerin Taylor Swift in Zürich der Fall. Wie sich jedoch herausstellte, übernachtete sie in einem anderen Hotel.
Promi hin oder her – Peter behandle jede Person wie «den König von England». Ihm sei es wichtig, alle Menschen gleichzubehandeln. Dennoch hat er klare Grenzen im Umgang mit ihnen, etwa wenn jemand laut oder aggressiv wird. Trifft er hingegen auf eine Person, die lediglich unsympathisch ist oder sich für etwas Besseres hält, reagiere er besonders freundlich. «So kannst du oft den Druck herausnehmen», erklärt er. Zudem glaube er daran, dass, wenn man Positivität ausstrahlt, diese sich auch vermehren wird.
Peter Eisler ist gelernter Koch und hat die Hotelfachschule abgeschlossen. Die Luxuswelt fasziniert ihn bereits seit Langem – für ihn habe das etwas Mystisches, wie bei Kevin allein in New York.
Sein nächstes Ziel: Er möchte Hoteldirektor werden, und das noch bevor er 30 ist. Im Januar 2025 beginnt er daher ein Studium im Hotelmanagement. «Ich möchte Champions League performen», erklärt er. Finanziellen Druck verspüre er aber nicht und lässt durchblicken, dass er selbst aus einem wohlhabenden Elternhaus stammt und mit einem gewissen Lebensstandard aufgewachsen ist.
Da reden wir von Millionen – und da musst du einfach abliefern.
Leistungsdruck wiederum spüre er in seinem Job immer wieder, erzählt er, während er durch eine der Präsidentensuiten des Hotels läuft. Ab 10'500 Franken pro Nacht kostet das Zimmer, und es gebe Menschen, die hier ein halbes Jahr oder sogar länger residieren. «Man denkt sich schon: ‹Wow, hier steckt viel Geld dahinter›, da reden wir von Millionen oder mehr – und wo du denkst, diesen Leuten ist das egal und da musst du einfach abliefern.»
Alles für die Katz
Geld regiert auch Peters Welt. Den kostspieligsten Wunsch, den er erfüllt habe, sei ein privater Bootsausflug mit Geigenspielern und Picknick auf dem Vierwaldstättersee gewesen. Doch nicht alle Aufträge sind so extravagant.
So bittet ihn eine Gästin an diesem Tag darum, schnellstmöglich Katzenfutter zu besorgen. «Für diese Katze mussten wir auch den Balkon mit einem Sprungschutzgitter absperren, und sie hat ausserdem manchmal einen Jetlag.» Dabei kann er sich ein Lächeln nur schwer verkneifen, ergänzt jedoch sofort: «Ich schmunzle, aber wir machen natürlich alles für den Gast.»
Fast alles – ein paar Grenzen gebe es. Zum Beispiel dann, wenn es um Lebewesen oder das Wohl anderer Menschen geht. Einmal wollte jemand spontan einen Hund kaufen. Da habe er dem Gast erklärt, dass es keine gute Idee sei, sich auf die Schnelle ein Haustier zuzulegen.
llegalen Dingen wie Drogen oder Prostitution würden ebenfalls nicht nachgegangen. Das werde aber trotz des einen oder anderen Promiskandals kaum angefragt: «Ab einem gewissen Level sind solche Personen, wenn es in diese Richtung geht, nicht auf einen Concierge angewiesen.»
Auf die Schere zwischen Reich und Arm angesprochen, bei der die Welt der Luxushotellerie das privilegierte Ende repräsentiert, sagt Peter: «Dass andere Leute auf der Welt leiden, das ist so. Aber das muss man ausblenden. Ich appelliere einfach an jeden, dass er das zu schätzen weiss.»
Der Concierge ist überzeugt, dass es jeder in seine Position schaffen kann, unabhängig von seinem sozio-ökonomischen Hintergrund. «Du musst es einfach wollen, diesen Dienstleistungssektor leben und leidenschaftlich performen.»
Obwohl Peter behauptet, sich für die Arbeit nicht gross verstellen zu müssen, gibt er zu, dass privat ein gewisser Druck von ihm abfällt, da er nicht performen muss. Er würde sich wohl den einen oder anderen lockeren Spruch mehr erlauben, da er in seiner Freizeit keinen formellen Umgangston wahren muss.
Gelegentlich gehe er in Gourmet-Restaurants, und in Zukunft würde er sich gerne einen Gelände- und Sportwagen zulegen. Doch der für ihn wahre Luxus steht in Kontrast zu seinem beruflichen Alltag: «Was ist Luxus für mich? Auch mal Nein sagen zu können», erklärt Peter. «Man kann auch mal auf sich selbst schauen.»