Seit diesem Monat sind es zwei. Laura de Weck und Jennifer Khakshouri übernehmen im Wechsel die Moderation des «Literaturclub». Seit 1990 steht die Sendung im Programm von SRF. In jeder Sendung diskutieren prominente Gäste zusammen mit Kritikerinnen und Kritikern vier literarische Werke.
Jennifer Khakshouri und Laura de Weck, was zeichnet euch im «Literaturclub» aus?
Jennifer Khakshouri: Meine Leidenschaft für Literatur in ihrer ganzen Breite, aber genauso die Freude am Austausch mit anderen Menschen.
Laura de Weck: Die Lust am Dialog. Und meine praktische Erfahrung mit Sprache als Schauspielerin, Theater- und Filmemacherin.
Was ist euer Ziel für den «Literaturclub»?
Jennifer: Ich möchte Menschen dazu bringen, zum Buch statt zum Handy zu greifen. Auch hoffe ich, Leute zu erreichen, die den «Literaturclub» bisher noch nicht geschaut haben. Und den treuen Zuschauerinnen und Zuschauern weiterhin die gewohnte literarische Unterhaltung zu bieten.
Laura: Ich möchte gern den Literaturbegriff erweitern. Literatur ist so viel. Songtexte, Theaterstücke oder auch Sachbücher will ich vermehrt in die Sendung einbauen.
Was löst es in euch aus, über Literatur zu sprechen?
Laura: Für mich ist Literatur etwas zutiefst Intimes und gleichzeitig etwas Gesellschaftliches. Wenn wir über Bücher sprechen, verraten wir auch immer etwas über unsere persönlichen Emotionen, unsere Sehnsüchte und Ängste. Aber auch darüber, wie wir in einer Gesellschaft leben wollen. Das macht das Gespräch über Bücher so interessant. Es ist privat und politisch zugleich.
Jennifer: Über Literatur zu sprechen, ist wie über ein gemeinsames Erlebnis zu reden. Jede Person hat ihre eigene Sicht auf etwas, und das Gespräch darüber kann ein Buch bereichern.
Wie kommt die Auswahl der Bücher zustande?
Jennifer: Der Gast sowie die Kritikerinnen und Kritiker bringen ein eigenes Buch mit. Aber natürlich achten wir Moderatorinnen darauf, dass es für jede Sendung eine gute Mischung an Neuerscheinungen gibt, und besprechen diese auch mit der multimedialen Literaturredaktion und der Kritikerrunde. Aber am Schluss gilt: Alle müssen den mitgebrachten Roman mit Passion verteidigen.
Laura: Mich interessieren auch immer Phänomene rund um Neuerscheinungen, wie zum Beispiel das Werk der anonymen Erfolgsautorin Elena Ferrante oder die Biografie von Prinz Harry.
Wie schafft ihr es, die Bücher der Kritikerinnen und Kritiker, der Gäste und eure eigene Auswahl gelesen zu haben? Ihr müsst euch den Inhalt von fünf Büchern merken.
Laura: Lustig, das ist auch die Frage, die ich als Schauspielerin am meisten gestellt bekomme: Wie kannst du dir den ganzen Text merken? Für das Schauspielern und für den «Literaturclub» gilt das Gleiche: Sich alles zu merken, ist die leichteste Aufgabe. Viel schwieriger ist es, das Gelesene gut zu platzieren und dabei durchlässig und spontan zu bleiben.
Jennifer: Ich lese immer und immer viel. Man verbringt jeweils viel Zeit mit einem Buch und jedes Werk hat eine Wirkung. Daher ist es nicht schwer, sich an den Inhalt zu erinnern. Klar kann man sich nicht alles merken, aber ich mache mir in der Vorbereitung für eine Sendung auch Gedanken und Notizen darüber, was ein Werk ausmacht.
Jennifer, was hast du deinen Studentinnen und Studenten aus der Literatur mit auf den Weg gegeben?
Letztes Jahr habe ich im Doktoratsprogramm der Literaturwissenschaften an der Uni Basel das Seminar «Kulturelle Praxis – Podcasting und Literatur» unterrichtet. Die Hauptfrage war: Was macht einen guten Literaturpodcast aus? Letztlich ging es auch darum, dass Podcasts und Literatur einige Gemeinsamkeiten haben: Hören und Lesen sind intime Vorgänge und lösen innere Bilder aus.
Und wie bringst du Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene im Allgemeinen zum Lesen?
Ich nehme sie mit in Bibliotheken oder Buchhandlungen und lese mit ihnen zusammen Bücher, die mich begeistern. Zum Beispiel «Martha und ich» von einem Schweizer Illustratoren-Duo oder den Comic «Akissi», das sind Alltagsgeschichten eines kleinen Mädchens, das allerlei erlebt. Auch lese ich ab und zu in Schulen vor, zum Beispiel an Lesenächten, zuletzt aus dem Roman «Pembo» und auch Geschichten von Franz Hohler.
Laura, was hast du literaturmässig aus deiner Kindheit in internationalen Städten mitgenommen?
Natürlich war ich geprägt von den tollen Kinderbüchern aus all diesen Ländern: «Crictor» von Tomi Ungerer (Frankreich), «Das fliegende Klassenzimmer» von Erich Kästner (Deutschland) und «Schellenursli» von Selina Chönz und Alois Carigiet (Schweiz)!
Und wie bereitest du dich auf deine Doppelrolle als Co-Moderatorin und Kritikerin vor?
Als Kritikerin habe ich mich darauf konzentriert, meinen Standpunkt zu vertreten. Als Moderatorin geht es darum, allen Standpunkten Raum zu geben. Ich mag diese Aufgabe. Sie hat etwas von einer demokratischen Debatte im Kleinen. Diese zu führen, muss man trainieren und dafür bietet mir SRF auch ein professionelles Training an.