«Ich bin ein fussballverrückter Banker mit sozialer Ader und einem eigenen Fussballpodcast.» So beschreibt sich Benjamin Winiger. Er stiess vor einigen Jahren bei Facebook zufällig auf den Schweizer Verein Blind Power und es entwickelte sich sofort eine Faszination für die Audiodeskription von Fussballspielen.
Bubentraum mit sozialem Aspekt
Unterdessen amtet der im Zürcher Oberland aufgewachsene Benjamin Winiger als Präsident des Vereins. In der Zwischenzeit ist einiges passiert. «Nach einer Ausbildung durch den Verein bin ich seit Anfang 2020 in den Schweizer Fussballstadien unterwegs. Als Kommentator habe ich in seither mehr als 150 Spiele live begleitet und audiodeskribiert», erzählt ein sichtlich stolzer Benjamin Winiger.
Er hätte schon als kleiner Bueb Sportreporter werden wollen, schildert Benjamin Winiger. Dass er diesen Bubentraum in dieser ehrenamtlichen Tätigkeit in gewissem Masse ausleben kann, erfüllt ihn, der selbst viele Jahre Fussball gespielt hat, mit Zufriedenheit. «Der soziale Aspekt ist mein wichtigster Treiber», führt Benjamin Winiger aus.
Zum Angebotsausbau und der Zusammenarbeit mit SRF sagt er: «Die Live-Audiodeskription für SRF stellt für uns einen riesigen Erfolg dar und ist ein absoluter Meilenstein in der Geschichte des Vereins.»
«Vor allem wollten wir Radio machen»
Am Anfang der Vereinsgeschichte stehen Yves Kilchör und sein Schulfreund, Daniele Corciulo. Beide sind sehbehindert und haben sich auf der Blindenschule in Zollikofen kennengelernt. «Vor allem wollten wir Radio machen. Also haben wir mit Kassetten begonnen», erzählt Yves Kilchör. Das war 1997. Er beschreibt die Anfänge des Projekts: «Aus einem Kellerstudio haben wir die Wohngemeinschaften auf dem Areal der Blindenschule mit Radiosendungen beschallt».
Nach TV-Auftritten, etwa in der SRF-Sendung «Quer» oder einer «TeleBärn»-Talkshow, konnten die beiden Freunde ihre Sendungen fortan auch im Internet ausstrahlen. Das Projekt war immer wieder mit finanziellen und personellen Hürden konfrontiert, weshalb es 2016 zum Neustart kam. Und der Verein setzte auf eine Form, die es bis dahin noch nicht gab: der akustischen Beschreibung von Fussballspielen.
Eigene Erfahrungen einbringen
Heute unterstützt Yves Kilchör den Verein noch ideell: «Ich bin ein grosser Fan und stolz, dass das einstige Kinderprojekt weitergeht – und nun sogar Partner von SRF ist.» Er nutzt die Audiodeskription von Blind Power regelmässig, um Fussballspiele live oder über den Podcast mitzuverfolgen. Selbst arbeitet Yves Kilchör heute als Redaktor, Produzent und Host bei Radio SRF 4 News. Beim Radiomachen kann er sein Wissen und seine Erfahrungen als Mensch mit einer Sehbehinderung einbringen.
Ausbau des barrierefreien Angebots
Für die Inklusion der blinden und sehbehinderten Fussballfans macht sich Ana Bas tagtäglich stark. Als Leiterin Barrierefreies Angebot hat sie die Testphase der Live-Audiodeskription bei SRF begleitet. Und das Angebot soll weiter ausgebaut werden, wie Ana Bas verrät: «Wir möchten weiterhin ausgewählte Spiele der Super League und der Schweizer Männer-Nati sowie zusätzlich auch ausgewählte Spiele der Champions League und der Schweizer Frauen-Nati audiodeskribieren.» Die Audiodeskription anderer Sportarten wird zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht gezogen «Es freut mich, dass SRF diesen Service jetzt als erste Unternehmenseinheit der SRG anbieten kann», sagt Ana Bas.
Reaktionen und Vorfreude
Zurück im «Heimstudio» von Benjamin Winiger. Dieses kommt bald schon wieder zum Einsatz: Benjamin Winiger übernimmt die akustische Begleitung des Finals am Sonntag, 14. Juli 2024. Für die Audiodeskriptionen erhalten sie immer wieder Lob, Kritik oder gar konkrete Inputs, berichtet er und fügt an: «Auch von sehenden Hörern.» Mit Resonanz aus dem Publikum rechnen die rund 20 Kommentatorinnen und Kommentatoren sowie die drei Techniker des Vereins auch bei der Europameisterschaft.
Zu diesem Publikum zählt auch Yves Kilchör: «Wenn die Audiodeskription gut ist, entsteht ein Kopfkino.» Mit Blick auf die Spiele der Europameisterschaft schwärmt er: «Die Fans, die spannenden Momente, die Ambiance, etwas mit Freunden zu erleben – das finde ich grandios!»