Überteuerte Medikamente verursachen Konsumenten Schmerzen. Seit 1974 ist das Thema im «Kassensturz». Die Sendung zeigt in einem Bericht im Gründungsjahr: Schweizer zahlen für bestimmte Medikamente doppelt so viel wie Franzosen.
«Kassensturz» entlarvt: Die hohen Preise haben fast nichts mit Kosten zu tun, sondern mit der Hochpreisstrategie der Pharmaindustrie.
«Kassensturz»-Gründer Roger Schawinski sagt dazu: «Gewisse Missstände sind geblieben. Das ist nachvollziehbar, denn die Macht der Pharmaindustrie ist nach wie vor gross.» Darum brauche es den «Kassensturz» auch in Zukunft, um die schlimmsten Missstände abzustellen.
Lukrativer Medikamentenverkauf für Ärzte
Nicht nur hohe Medikamentenpreise gaben in 40 Jahren «Kassensturz» regelmässig zu reden. Auch die Profitgier von Ärzten war mehrfach Thema.
Links
So beauftragt «Kassensturz» 1985 einen Arzt, Medikamente einzukaufen. Unter den wachsamen Augen eines Notars. «Kassensturz» will herausfinden: Welche Rabatte erhalten Ärzte auf den Verkaufspreisen, die Krankenkassen und Patienten bezahlen müssen?
Das Ergebnis: Pharmafirmen und Händler ködern Ärzte mit horrenden Rabatten. Die Folge: Ärzte können mit dem Medikamentenverkauf überrissene Margen von 50 Prozent erzielen. Die Chemie unterläuft damit eine Branchenvereinbarung.
Unnötige Operationen
1996 veröffentlicht «Kassensturz» brisante, bis dahin unveröffentlichte Zahlen. Diese belegen: Ärzte operieren Halbprivat- und Privatpatienten häufig unnötig. Der Grund für diese Praxis: Solche Patienten sind für Chirurgen und Kliniken lukrativ.
Beispiel Gallenstein-Operation: Von 100 Allgemeinversicherten hatten im Schnitt 2,7 Menschen eine Gallensteinoperation. Ganz anders bei Halbprivatversicherten. Dort gibt es auf hundert Versicherte 4,2 Operationen. Das sind 55 Prozent mehr. Hochgerechnet auf alle Männer zwischen 15 und 65 Jahren haben Chirurgen 27'000 mal unnötig zum Messer gegriffen. Das sind 260 Millionen Franken rausgeworfenes Geld.
Bundesgericht gibt «Kassensturz» recht
Der langjährige «Kassensturz»-Redaktionsleiter Urs P. Gasche sagt, dass diese Geschichte bis vor Bundesgericht ging. Chirurgen haben gemäss Gasche kritisiert, dass «Kassensturz» den Konnex gemacht habe, sie würden mehr operieren, weil sie am Privatpatienten so viel mehr verdienten. «Das Bundesgericht hat dem Kassensturz Recht gegeben», sagt Urs P. Gasche.
2002 deckt «Kassensturz» einen Laborskandal auf. Der Hintergrund: Untersuchungen im eigenen Praxislabor dürfen Ärzte zu einem eigenen, hohen Tarif verrechnen. Der Tarif für Untersuchungen im Grosslabor hingegen ist deutlich tiefer.
Die Sendung zeigt: Ärzte verrechnen den Patienten den viel höheren Praxis-Labortarif, obwohl sie die Analysen gar nicht im eigenen Labor durchgeführt haben, sondern in ein Grosslabor geschickt haben. Die Creatinin-Analyse zum Beispiel kostet im Grosslabor 3 Franken, der Arzt verrechnet den Patienten aber 9 Franken.
Riesenkrach mit Bundesrat Couchepin
2005 berichtet «Kassensturz» über völlig überteuerte Medizinalprodukte. Der Grund für die überhöhten Preise: Der Bund legt für solche Produkte in der sogenannten MiGeL-Liste völlig überrissene Maximalpreise fest, die die Krankenkassen bezahlen müssen.
Nach diesen Preisen richten sich die Hersteller. Im Beitrag kritisiert der damalige Preisüberwacher Rudolf Strahm: Wegen absurder Höchstpreise müssen Krankenkassen jährlich 200 Millionen Franken zu viel zahlen.
Rudolf Strahm erinnert sich: «Die Preisüberwachung hatte seit Jahren festgestellt, dass Medizinalprodukte, also zum Beispiel Verbandsstoffe, Windeln, Implantate, viel zu teuer sind in der Schweiz.»
Dann habe er dies im «Kassensturz» kritisiert. Sehr zum Unmut des damaligen Bundesrats Pascal Couchepin. Rudolf Strahm sagt: «Ich darf mit einer fünfjährigen Anstandsfrist sagen, dass ich deswegen einen Riesenkrach hatte mit Bundesrat Couchepin, der vom Lobby abhängig gewesen war.»
Ohne «Kassensturz», ohne Veröffentlichung der riesigen Preisdifferenzen, wäre die Preisüberwachung gemäss Strahm damals mit Preissenkungen nicht durchgedrungen.