Sie ist stolz. Anfang April 2019 hat Regula Aebi in Utzenstorf (BE) ihre eigene Podologie-Praxis eröffnet. In weisser Berufskleidung, mit Schutzmaske vor dem Mund, Gummihandschuhen und einer elektrischen Feile in der Hand sitzt sie neben dem Behandlungsstuhl. Sie behandelt bei einem Patienten Nagelpilz. Diese eigene Praxis war der Traum der 58-Jährigen.
Praxisräume schon vor der LAP gemietet
Der Weg dahin war nicht nur einfach: Im Sommer 2015 begann Regula Aebi die dreijährige Lehre als medizinische Fusspflegerin. Im Juni 2018 konnte sie nach erfolgreich bestandener Lehrabschlussprüfung das Diplom in Empfang nehmen. Während der Lehre lief nicht alles rund. Nach dem ersten Lehrjahr wechselte die ehemalige Personalmanagerin beispielsweise die Lehrstelle.
Aber Regula Aebi verfolgte ihr Ziel weiter. Rückblickend sagt sie: «Ich habe nie an meinem Entscheid gezweifelt.»
Bereits vor der Abschlussprüfung nahm die 58-jährige den Aufbau der eigenen Praxis an die Hand. Die Räume hat sie gegen Ende der Lehre gemietet, da sie ideal gelegen und gerade frei waren. Seither baute sie die Praxis auf, kümmerte sich um Betriebsbewilligung, Arbeitsgeräte und Finanzierung. In der Aufbauphase arbeitet sie Teilzeit auch wieder in ihrem angestammten Beruf. Zudem ist sie einen Tag in der Woche als Podologin für die Spitex im Einsatz. Für Regula Aebi eine spannende Ergänzung: «Als Podologin bei der Spitex siehst du Füsse, die du sonst nicht unbedingt in der Praxis hast.»
«Go for it!»
Vor wenigen Wochen hat die 58-Jährige ihre eigene Praxis eröffnet. Nun baut sie einen Kundenstamm auf. Dabei soll auch ein Tag der offenen Tür Mitte Mai helfen. Einen Tag, den sie übrigens mit ihrem Geschäftsnachbarn, einem Bestatter, organisiert. «Darüber lachen immer alle. Aber wir machen diesen Tag gemeinsam», schmunzelt Regula Aebi.
Sie wirkt zufrieden und voll motiviert in ihrem neuen Beruf. Sie ist in Aufbruchstimmung. Umso mehr amüsiert die 58-Jährige, dass sie zurzeit von allen Seiten Informationen zur Pensionierung und Frühpensionierung erhält. Dabei will sie doch gerade so richtig durchstarten. Sie würde den Entscheid, mit über 50 nochmals eine Lehre zu machen, wieder treffen. Und wenn sie manchmal Gespräche führt mit anderen über 50-jährigen, die unerfüllte Berufsträume hegen, kann sie nur raten: «Go for it!»