In den nächsten Wochen porträtiert «Espresso» Personen ab 40, die alles hinschmeissen und eine Lehre beginnen. Dazu braucht es viel Mut, aber auch Geld. Mit 40 oder 50 steht man mitten im Leben, hat vielleicht eine Familie zu ernähren und kann es sich schlichtweg nicht leisten, beim Lohn nochmals von vorne zu beginnen.
Ist für solche Leute der Traum geplatzt? «Espresso»-Redaktorin Yvonne Hafner hat bei Can Alaca – Berufsberater am Berufsinformationszentrum (BIZ) in Winterthur – nach Finanzierungsmöglichkeiten gefragt.
Yvonne Hafner: Kann ich als älterer Lehrling mehr Lohn verlangen?
Can Alaca: Ja, der Lehrlingslohn ist immer Verhandlungssache. Das heisst, man muss seine Kompetenzen, Erfahrungen und Stärken als erwachsener Berufsmensch beim Vorgesetzten einbringen, sodass dieser auch den Mehrwert erkennt. Oftmals zahlen Lehrbetriebe älteren Lehrlingen das Doppelte oder Dreifache oder einen Hilfsarbeiterlohn.
Kann ich auch von anderer Seite einen finanziellen Zustupf bekommen?
Can Alaca: Es gibt die Möglichkeit, Stipendien zu beantragen. Ein solcher Antrag muss im Wohnkanton gestellt werden. Wenn das nicht ausreichen sollte, kann man auch private Stiftungen anfragen.
Broschüren vom Berufsinformations-Zentrum:
Yvonne Hafner: Für Berufsleute, die noch nie eine Ausbildung gemacht haben, gibt es ja noch eine weitere Varante. Das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) gibt für gewisse Fälle Ausbildungszuschüsse.
Can Alaca: Genau. Dazu müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein: Die Person muss über 30 Jahre alt sein, über keine Grundausbildung verfügen, und sie muss eine Lehrstelle gefunden haben. Dann spricht das RAV nach einer Prüfung allenfalls eine finanzielle Unterstützung zu.
Yvonne Hafner: Wie finden denn über 40-Jährige eine Lehrstelle?
Can Alaca: Das ist sicher kein einfaches Unterfangen. Ältere Lehrstellensuchende müssen aktiv auf Unternehmen zugehen. Nutzen kann man dazu zum Beispiel verschiedene Internetplattformen, die Lehrstellen ausschreiben. Wichtig ist auch, dass man sich vernetzt, im Bekanntenkreis streut, dass man eine Stelle sucht. Was natürlich auch hilft: Unternehmen anfragen, ob man eine Schnupperlehre oder ein Praktikum machen kann. So knüpft man Kontakte und hat erst noch Einsicht in das neue Berufsfeld.
Yvonne Hafner: Eine späte Lehre ist an sich schon eine Herausforderung. Die Frage ist aber auch: Wie geht es nachher weiter? Ganz ehrlich: Findet man in diesem Alter nach der Lehre einen Job?
Can Alaca: Nach meiner Erfahrung sind solche Lehrlinge interessante Mitarbeiter für den Lehrbetrieb. Ältere Lehrabgänger haben meist nicht vor, in der Weltgeschichte herumzureisen oder noch in verschiedenen anderen Betrieben zu arbeiten. Man möchte in diesem Beruf tätig sein und auch bleiben. Und das ist für Arbeitgeber ein guter Wert.
Yvonne Hafner: Das heisst, wenn Ältere eine Lehrstelle gefunden hat, ist die Chance gross, dass sie nachher dort bleiben können?
Can Alaca: Das ist sicher häufig der Fall.