Erste Berufung war Lehrer
Schon als kleiner Bub habe er gerne «gschüelerlet» mit seinen Geschwistern, erzählt Heinz Hug in der Stube seines Einfamilienhauses in der Aargauer Kleinstadt Aarburg. Natürlich habe er immer den Lehrer gespielt.
Er erinnert sich auch noch gut an seine erste Schulklasse als frischgebackener Lehrer; 38 Realschülerinnen und Schüler und «die beste Klasse, die ich je hatte».
Nach 17 Jahren hatte Lehrer Hug genug. Er teilte den überraschten Lehrerkollegen mit, dass er etwas Neues anfangen wolle. Er selbst hatte das schon lange mit sich ausgemacht: «Für mich war immer klar, dass ich nicht als Lehrer pensioniert werden möchte. Und mit 40 Jahren wurde mir klar, dass das die letzte Möglichkeit dazu ist.»
Vom Schulzimmer an den Postschalter
Und so begann Heinz Hug eine eineinhalbjährige Lehre als Betriebssekretär (heute KV) auf der Poststelle in Zofingen. Hug war doppelt so alt wie die anderen Lehrlinge, aber das sei kein Problem gewesen: «Wir verstanden uns gut. Sie liessen mich nicht spüren, dass ich alt sei und ich liess sie nicht spüren, dass sie für mich fast noch Kinder waren.»
Der neue Arbeitgeber, die Post, kam ihm entgegen und erhöhte den Stiftenlohn. Immerhin war Heinz Hug als gutverdienender Lehrer der Alleinverdiener, und zuhause sassen noch eine Frau und zwei Kinder im Teenageralter am Tisch. Seine Frau suchte sich Arbeit, und er verdiente etwas dazu, indem er die Geschäftsstelle des Aargauer Volleyballverbands betreute. So kam Familie Hug gut über die Runden, eine happige Lohneinbusse blieb dem Vater trotzdem nicht erspart.
Petra Müller arbeitet auf der Poststelle in Zofingen und kann sich noch gut an den besonderen Lehrling erinnern, der 1992 die Lehre als Betriebssekretär begann. Zu dem Mann, der da ankam, ging sie selbst noch in die Schule: «Das war eine lustige Situation. Aber es war auch eine andere Ausgangslage und ein grosser Unterschied zu den anderen Lehrlingen, ihm musste man viel weniger erklären.»
Auch Beatrice Krähenbühl arbeitete mit Heinz Hug, als dieser neu in Zofingen ankam. Hugs knallharter Neuanfang, das sei schon bemerkenswert gewesen:
«Er war ein Vorreiter. Der krasse Wechsel vom Lehrer zum Pöstler, das war damals etwas Besonderes. Viel mehr noch als heute.»
Neue Karriere bei der Post
Heinz Hug nutzte die neue Ausbildung als Sprungbrett und stieg rasch die postinterne Karriereleiter hoch. Kaum aus der Lehre, wurde er zum Vizechef der Poststelle in Zofingen befördert. Es folgten weitere interne Posten und schliesslich acht Jahre als Pendler in die Zentrale nach Bern.
Zuletzt war der frühere Lehrer zuständig für die Ausbildung der Quereinsteiger, wie er einer war. Und er verfasste Arbeitsblätter wie 30 Jahre zuvor im Oberstufenschulhaus in Aarburg. Mit 60 liess er sich pensionieren, um die Zeit nach der Arbeitswelt möglichst lange zu geniessen. Und Hug schaut zufrieden auf seine Zeit in den zwei Berufen zurück, möchte beide nicht missen. Den Neuanfang mit 40 hat er nie bereut: «Das war einer der besten Entscheide, die ich je gefällt habe.»