Der dreifache Familienvater war vor rund vier Jahren in einer tiefen Lebenskrise. Seinen Job im Qualitätsmanagement und in der Arbeitsvorbereitung eines Industriebetriebs hatte er verloren. Diesen Beruf hatte er rund neun Jahre lang gemacht, zuvor war er Metallbauschlosser. Und nun, wie weiter? Das war die grosse Frage.
Erinnerungen an den Samariterkurs
Bei der Berufsberatung versuchte Renato Ugolini herauszufinden, was ihm denn eigentlich Spass machen würde und er erinnerte sich, wie er als ganz junger Mann einst den Samariterkurs absolviert und sogar in einem Spital geschnuppert hatte.
Also etwas in diese Richtung? Kurze Zeit später bekam er eine Chance: «Durch eine Bekannte im Alterszentrum Weierbach in Eglisau bekam ich die Möglichkeit, einen Schnuppertag zu machen. Und das gefiel mir so gut, dass ich mich entschied, den SRK-Pflegehelferkurs zu machen.»
Es folgte ein Job als Pflegehelfer in eben diesem Alterszentrum. Und schliesslich der Entscheid, die Lehre als Fachmann Gesundheit machen zu wollen.
«Wir sehen nur Vorteile im gereiften Alter»
Die Ausbildungsverantwortlichen im Alterszentrum Weierbach wollten den Pflegehelfer in seinen Plänen unterstützen und schufen extra eine dritte Lehrstelle, damit er die Ausbildung bei ihnen im 2014 beginnen konnte.
Auch die äusseren Umstände kamen ihm entgegen: Renato Ugolini darf die dreijährige Lehre aufgrund seiner langen Berufserfahrung in zwei Jahren absolvieren und seine Stelle als Pflegehelfer behalten. Auf diese Weise kann der Familienvater zusammen mit seiner berufstätigen Frau die Finanzen einigermassen stemmen.
«Wir schätzen Renato gerade wegen seines Alters sehr im Haus», sagt seine Lernbegleiterin, Barbara Fehlmann. «Gerade in Krisensituationen, wenn es einem Bewohner nicht gut geht, braucht es bei Renato sehr viel, bis er überfordert ist und er unsere Hilfe holen muss. Junge Lehrlinge, welche diese Lebenserfahrung nicht haben, stossen da viel schneller an ihre Grenzen.»
Und sie beobachte, dass sich Bewohner dem 51-jährigen Lehrling viel mehr anvertrauten als den jungen Lehrlingen.
Start in der Schule ging in die Hose
Renato Ugolini berichtet aber auch von Schwierigkeiten in seiner Lehrzeit. Plötzlich stand er in einer Klasse mit vorwiegend Frauen, alle um die 17 Jahre alt, die alle seine Töchter hätten sein können.
Er kam in einen Klassenverband, der bereits seit einem Jahr bestanden hatte und wurde sehr misstrauisch empfangen: «Da kommt ein 50-Jähriger daher. Was will der Opa da?» Bis zur Akzeptanz habe es lange gebraucht. Unterdessen hätten sie sich aneinander gewöhnt. Trotzdem sei er froh, dass im April der erste Teil der Lehrabschlussprüfung ist.