Ein Job als Bodyguard, Privatdetektiv oder Sicherheitsagent – davon träumen viele junge Männer und Frauen in der Schweiz.
Das Stelleninserat der Firma P-Bewachung klingt dann auch verlockend: «Detektiv und Sicherheitsdienst. Ausbildung. Danach Fest- oder Teilzeitanstellung möglich. Sehr gute Verdienstmöglichkeiten.» Mit der Ausbildung könne man gleich zwei Zertifikate erwerben: Privatdetektiv und Sicherheitsfachkraft.
Film- und Radiobeiträge blendeten die Bewerber
Michael Kessler, Antonio Casaletto und Jonas Eschenmoser haben sich auf das Inserat beworben. Es meldete sich Patrick Baiata, Inhaber der Firma P-Bewachung. Er lud sie jeweils zu einem Vorstellungsgespräch ein ins Hotel Wallberg in Volketswil ZH ein: «Er verspricht einen Job, er verspricht eine gute Ausbildung und ein Zertifikat, das in der Branche anerkannt ist», so Michael Kessler. Und Antonio Casaletto fügt bei: «Er blendet einem vom ersten Moment an.»
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Beeindruckt haben die Bewerber auch die Film- und Radiobeiträge über Patrick Baiata, zu finden auf der Internetseite der P-Bewachung. Darin spielt sich Baiata als Privatdetektiv auf und behauptet unwidersprochen, von Aufträgen überrannt zu werden. Bis zu 20 Aufträge habe er – pro Tag.
Die drei Jobsuchenden glaubten den Jobversprechen von Patrick Baiata. Sie unterschrieben einen Ausbildungsvertrag. Für 28 Ausbildungs-Stunden bezahlten sie 3000 Franken.
Durchgefallen: Ein Diplom gibt’s trotzdem – gegen Aufpreis
Doch in den Kursen wurde klar: Patrick Baiata nimmt es als Kursleiter sehr locker. Die Kursunterlagen sind fehlerhaft. Im Unterricht lässt Baiata seine Schüler einfach stundenlang daraus vorlesen. Auch die Praxisübungen sind nicht professionell. «Wir mussten im Glattzentrum oder im Flughafen nichtsahnende Passanten observieren – ohne dass diese davon wussten», so Michael Kessler.
Am Schluss des Kurses prüft Baiata jeweils seine Schüler – und machte damit noch einmal Kasse. Er liess Kursteilnehmer Martin Bati kurzerhand durch die Prüfung fallen. Dann offerierte er ihm sechs Stunden Privatunterricht für weitere 900 Franken. Martin Bati willigte verzweifelt ein. «Doch als ich ihn zum Unterricht traf, sagte er mir, ich könne das Zertifikat sofort haben, wenn ich ihm 1000 Franken sofort bar bezahle», erinnert sich Martin Bati. Da wurde ihm klar: Dieses Zertifikat ist nichts wert.
«Kassensturz» will mit Patrick Baiata sprechen – über Zertifikate gegen Bares, die mangelhafte Ausbildung und leere Jobversprechen. Doch der selbsternannte Privatdetektiv wird plötzlich kamerascheu. Er kommuniziert nur per Anwalt.
Diplom ist in der Sicherheitsbranche wertlos
Dieser schreibt «Kassensturz», Patrick Baiata habe nie jemandem eine Anstellungsgarantie gegeben. Die Kurse seien keineswegs mangelhaft, er könne Dutzende zufriedene Kursteilnehmer nennen. Und zu den teuren Zertifikaten: «Es trifft zu, dass in zwei Ausnahmefällen ein Zertifikat gegen Bezahlung von 1000 Franken ausgehändigt worden ist, obwohl die Prüfung knapp nicht bestanden wurde. Der Grund für die zusätzliche Gebühr liegt darin, dass die betreffenden Kandidaten auf andere Weise, unter anderem in Einzelgesprächen, nachweisen konnten, dass sie die Voraussetzungen, die an Absolventen des Levels 3 gestellt werden, erfüllen.»
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Die Zertifikate, die Baiata seinen Schülern ausstellt, sind in der Sicherheitsbranche keineswegs anerkannt, denn es gibt es nur ein eidgenössisch anerkanntes Diplom für Sicherheitsfachleute. Für die umfassende Prüfung zu diesem Diplom, durchgeführt vom Verband Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungs-Unternehmen (VSSU), wäre Baiatas Ausbildung völlig unzureichend.
Schwarze Schafe sollen besser kontrolliert werden
Doch in der Schweiz kann jeder eine Sicherheitsfirma gründen oder Ausbildungen anbieten. Vorschriften gibt es keine. Das soll sich jetzt ändern, wie Marco Fetz, Vorstandsmitglied des VSSU, sagt: «Wir unterstützen das neue Konkordat über die privaten Sicherheitsdienstleistungs-Unternehmen. Es soll eine Bewilligungspflicht und Zertifizierungen geben für Sicherheitsausbildungen.» Damit möchte der Verband mit den schwarzen Schafen in der Branche aufräumen.
Für Jonas Eschenmoser, Michael Kessler, Antonio Casaletto und Martin Bati kommt die Bewilligungspflicht zu spät. Sie sind ernüchtert: Ihr Geld ist weg, und die Zertifikate helfen bei der Stellensuche nicht weiter.