Das Wichtigste in Kürze
- Seit Februar dürfen Automaten-Fahrschüler ohne Zusatzausbildung handgeschaltete Autos fahren.
- Seither steigt die Zahl der Fahrprüfungen auf Automaten stark an.
- Fahrlehrerverband und bfu kritisieren die Änderung. Sie sei ein Sicherheitsrisiko.
Für Schweizer Verhältnisse ging das ungewöhnlich schnell. Im Dezember 2018 beschloss der Bundesrat die Änderung, seit Februar wird sie umgesetzt: Seither gilt eine auf einem Automaten absolvierte Fahrprüfung grundsätzlich auch für handgeschaltete Fahrzeuge. Damit möchte das Bundesamt für Strassen, Astra die Elektromobilität gezielt fördern.
Elektronisch betriebene Fahrzeuge haben ein automatisches Getriebe. Tatsächlich holen die Automaten stark auf, bald werden jährlich mehr automatisch betriebene Fahrzeuge auf Schweizer Strassen zugelassen als solche mit handgeschaltetem Getriebe.
Deutlich mehr Fahrprüfungen auf Automaten
Die meisten kantonalen Strassenverkehrsämter, die vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 angefragt wurden, konstatieren seit Februar eine deutliche Zunahme an Fahrschülern, die sich mit einem Automaten zur Prüfung anmelden.
Schon jeder Dritte ist es im Kanton Aargau, gar jeder Zweite in Luzern und Graubünden. Bisher erhielten Prüflinge auf Automaten einen entsprechenden Eintrag im Führerausweis, der ihnen das Fahren mit handgeschalteten Fahrzeugen untersagte.
Seit Februar kann dieser Eintrag gelöscht werden, und auch von dieser Möglichkeit machen die Betroffenen rege Gebrauch.
Grundsätzlich ist das Fahren lernen in einem Automaten einfacher, weil Elemente wie Schleifpunkt, Anfahren am Berg oder das gleichzeitige Bedienen von drei Pedalen und einem Ganghebel wegfallen. Damit ist auch klar: Auf dem Automaten ist die Fahrschule günstiger, die durchschnittliche Anzahl der nötigen Lektionen dürfte sinken.
«Das ist ein Sicherheitsrisiko»
Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) und der Schweizerische Fahrlehrerverband kritisierten die Umstellung im Vorfeld scharf. Es sei unverantwortlich, Leute auf die Strasse zu lassen, ohne dass sie das handgeschaltete Autofahren vorher in einem geschützten Rahmen gelernt haben.
Kontrovers: Das sagen Fachleute
Michael Gehrken, Präsident Fahrlehrerverband:
«Das ist ein gefährlicher Weg, der hier eingeschlagen wurde. Die Fahrlehrer müssen jetzt mit diesem Entscheid leben. Viele von ihnen, die noch kürzlich in ein neues handgeschaltetes Fahrlehrerauto investiert haben, stehen auch vor existentiellen Fragen. Klar ist: Die Verantwortung für diesen Entscheid trägt der Bund.»
Stefan Siegrist, Direktor Beratungsstelle für Unfallverhütung:
«Manuelles Gangschalten beim Autofahren ist eine psychomotorisch schwierige Aufgabe, die im Schonraum gelernt werden sollte. Wer auf den Strassen unterwegs ist und manuell schalten sollte, obwohl er es nicht kann…ist abgelenkt und damit eine Gefahr im Strassenverkehr.»
Thomas Rohrbach, Sprecher Bundesamt für Strassen (Astra):
«Wer noch nie ein handgeschaltetes Auto fuhr, wird beim ersten Versuch entsprechend kurz und vorsichtig unterwegs sein. Das schränkt das Risiko ein. Zudem: Ein Lenker muss sein Fahrzeug jederzeit so beherrschen, dass er sicher unterwegs ist. Handgeschaltete Autos sind Auslaufmodelle.»
Moritz Leuenberger, Alt-Bundesrat:
(Unter seiner Leitung entstand «Via Sicura», ein Handlungsprogramm für mehr Verkehrssicherheit). «Ich verstehe die Interessen der Fahrlehrer, die gerne ein paar Lektionen mehr geben…Das Wesentliche bei der Ausbildung zum Autofahren ist doch aber, dass man den Verkehr richtig einschätzt. Ich sehe nicht ein, warum die Sicherheit gefährdet sein soll, nur warum Fahrschüler erst in einem zweiten Schritt das handgeschaltete Fahren lernen. Vielleicht werden sie Mühe haben am Anfang, aber die Aufgabe von Via Sicura, Tote und Schwerverletzte zu reduzieren, die sehe ich dadurch nicht gefährdet.»