Fangen wir ganz vorne an: Wie muss man sich ein elektronisches Patientendossier überhaupt vorstellen?
Am einfachsten ist es mit einem E-Banking-Portal vergleichbar. Mit einem Benutzernamen und Passwort loggt man sich auf einem Portal oder in eine App ein. Und dort finde ich alle Informationen und Dokumente, die sonst irgendwo beim Hausarzt, beim Spital oder beim Spezialisten verteilt sind.
Welche Informationen beinhaltet das elektronische Patientendossier?
Alles was «behandlungsrelevant» ist. Zum Beispiel Röntgenbilder, MRI-Aufnahmen, der Austrittsbericht des Spitals, Überweisungsberichte, aber auch meine Impfungen, einen Überblick über meine verschriebenen Medikamente und vielleicht noch eine Notiz über meine Allergien.
Und was bringt mir das als Patient/Patientin konkret?
Die Hoffnung ist, dass ich als Patient meine Geschichte nicht bei jedem Arzt von neuem herunterbeten muss, dass Abklärungen nicht mehrmals gemacht werden und so unnötige Behandlungen vermieden werden können.
Zudem habe ich mit diesem elektronischen Patientendossier erstmals Zugriff auf einen grossen Teil meiner Krankengeschichte – egal ob ich Zuhause, unterwegs oder sogar im Ausland bin. Und das kann sicher praktisch sein...
…birgt aber auch Risiken! Nämlich: Wer lädt die Daten aufs Portal? Und wer hat Zugriff?!
Richtig. Ich will vielleicht tatsächlich nicht, dass der Apotheker sieht, dass ich in psychiatrischer Behandlung bin. Und ich will auf keinen Fall, dass die Krankenkasse auf irgendwelchem Weg an diese Daten kommt. Die Verantwortlichen garantieren aber: Das könne nicht passieren. Arbeitgeber und Krankenkassen hätten ganz sicher keinen Zugriff auf mein Portal.
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Wer hat denn Zugriff?
Nur Leistungserbringer, bei denen ich in Behandlung bin. Also zum Beispiel Ärzte, Spitex, Spitäler oder Apotheken. Und diese laden die Daten auch auf mein Portal hoch. Ich soll aber selber entscheiden können, wer was sehen darf. Also, ob mein Orthopäde von meinen Allergien wissen soll oder nicht. Man kann Dokumente für gewisse Personen auch «unsichtbar» schalten.
Trotz allem: Es sind sensible Gesundheitsdaten, die dereinst auf einem Onlineportal abgelegt sind. Dort können sie auch gestohlen werden. Was sagen die Patientenschützer und die Datenschützer?
Die Patientenschützer finden das elektronische Patientendossier grundsätzlich sehr begrüssenswert. Sie fordern aber, die Leute müssten im Umgang mit ihren digitalen Gesundheitsdaten geschult werden. Damit ich weiss, wem ich auf was Zugriff geben soll und was das für Konsequenzen haben kann.
Die Datenschützer sind kritischer. Beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten EDÖB heisst es, es sei wichtig, dass das elektronische Patientendossier freiwillig sei. Und dass der Patient selber entscheiden könne, welche Inhalte in diesem Dossier landen und wer darauf Zugriff hat.
Das heisst, das elektronische Patientendossier – wenn es denn im April 2020 eingeführt wird – ist freiwillig?
Ja, es ist freiwillig. Und man kann es auch nicht einfach ohne mein Wissen für mich eröffnen. Es ist ähnlich wie das Eröffnen eines Bankkontos: Ich muss einen Antrag stellen und den auch persönlich unterschreiben.
Wie mache ich das: Ich gehe ins Internet und eröffne ein Dossier?
Ob es so einfach wird, ist noch unklar. Voraussichtlich wird es in der ganzen Schweiz schlussendlich zehn verschiedene Anbieter geben. Das macht die Sache kompliziert.
Zweitens ist auch noch unklar, wo man so ein elektronisches Patientendossier beantragen kann. In gewissen Kantonen soll es im Spital einen speziellen Schalter dafür geben, in anderen soll man es in der Apotheke oder beim Hausarzt eröffnen können. Vielleicht wird es auch Online möglich sein. Es bleiben also noch viele Fragen ungeklärt.