Im November 1980 kam die Wahrheit ans Licht: Kälbermäster in ganz Europa hatten ihren Jungtieren das weibliche Hormon Östrogen verfüttert oder direkt unter die Haut gespritzt. Dies, um mit weniger Futter mehr Kalbfleisch zu produzieren.
Bauern als «Giftmischer der Nation»
Auch in der Schweiz wurden Kälber illegal mit Hormonen behandelt. Dies zeigten Kontrollen des damaligen Bundesamtes für Veterinärwesen. Konsumenten und Medien reagierten erschüttert und empört. Bauern waren fortan die «Giftmischer der Nation», von «Fleisch-Mafia» und «Krebstod aus dem Frischfleisch» wurde gesprochen. Und es ging die Angst um, Männern könnten wegen der weiblichen Hormone Brüste wachsen.
Grossflächiger Boykott
In Italien wurde der Verkauf von Kalbfleisch in der Folge sofort verboten. In Frankreich und in der Schweiz wurde zum Boykott aufgerufen. Mit Erfolg: In den Metzgereien blieb das Kalbfleisch liegen und sorgte bei den Mästern für Verluste von 800‘000 Franken – pro Woche, wie die Kalbfleischproduzenten damals behaupteten. Besonders in Verdacht gerieten die industriellen Betriebe mit Massenzucht, wie die damalige Konsumentensendung «Index 5 vor 12» auf Radio DRS berichtete.
Fleischskandale bis heute
Der Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass sich seither nicht viel verändert hat. Nur ein Jahr später wurde erneut Östrogen gefunden, diesmal in Fertigmenus. Acht Jahre später fanden Inspektoren erneut Hormone im Kalbfleisch. 1993 folgte der erste, 2005 der zweite Gammelfleischskandal. 1997 kam BSE. 2001 der Schweinefleischskandal und Antibiotika-Crevetten. Und auch heute sind drei viertel des importierten Fleisches in der Schweiz mit Hormonen versetzt.