Olivier Maridor ist seit seiner Kindheit blind und arbeitet beim Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV). Der gelernte Klavierstimmer ist viel mit dem Zug unterwegs – seit ein paar Monaten nicht mehr so entspannt wie auch schon. «Für mich als Blinder sind akustische Signale im ÖV wichtig. Aber diese Türsignale sind einfach zu laut».
Beim SBV haben sich viele Personen gemeldet, welche unter den lauten Signalen leiden. «Wir haben auch Rückmeldungen von Normalsehenden, die erstaunt sind, dass Blinde derart laute Töne brauchen.» Brauchen sie aber gar nicht, stellt Olivier Maridor klar.
Andere wichtige Signale werden übertönt
Die neuen Türsignale ertönen immer dann, wenn sich die Zugtüren öffnen oder schliessen. Auf einem Bahnhof mit viel Verkehr ergibt das eine imposante Geräuschkulisse. Für Blinde sei das definitiv zu viel des Guten, sagt Maridor im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: «Für uns ist es wichtig, dass wir die Zugtüren rasch finden, um einzusteigen. Wenn es im ganzen Bahnhof laut piepst, können wir uns nicht mehr orientieren».
Besonders ärgerlich: Die leiseren «Türfinde-Signale» werden übertönt. Diese sind im Türöffnungsknopf integriert und helfen Menschen mit Sehbehinderung beim Finden des Öffnungsknopfes.
EU-Verordnung für Schweizer Bahnen
«Espresso» konfrontiert die SBB und andere Bahnen mit der Kritik, die lauten Warnsignale seien für blinde Personen kontraproduktiv. Der Tenor: Die Warntöne seien verbindlich – gemäss EU-Normen und Verordnungen.
Wir bewegen uns innerhalb der vorgegebenToleranzen für die Lautstärkenwerte.
Die RhB ergänzt: «Die Warnsignale sind auf Auflagen des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) zurückzuführen.» Die SBB hält fest: «Wir bewegen uns innerhalb der vorgegebenToleranzen für die Lautstärkenwerte.» Die EU-Anforderungen seien bindend bei Neubeschaffungen und Türumrüstungen.
Wird nachgebessert?
Da Normen und Verordnungen regelmässig angepasst und optimiert werden, sind kritische Rückmeldungen von Behindertenorganisationen wichtig. Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband ist Teil einer Facharbeitsgruppe «Rollmaterial» und steht so indirekt auch mit den Stellen im Austausch, welche die Normen definieren.
Und auch Pro Bahn Schweiz, die Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs, ist überzeugt, dass marginale Anpassungen möglich sein sollten, «die allen Reisenden (…) das Einsteigen und Reisen mit diesen Zügen wieder erträglicher macht.»