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Fälle von Identitätsmissbrauch nehmen zu
Aus Espresso vom 25.06.2024. Bild: Keystone
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Betrug im Onlinehandel Weshalb es sich lohnt, Rechnungen vom Inkassobüro genau zu prüfen

Betrugsforderungen aufgrund von Identitätsdiebstahl im Onlinehandel können in die Inkassomühle geraten.

Darum geht es: Ein Mann erhält von der Zürcher Firma Arvato Infoscore die Aufforderung, eine «überfällige» Zahlung zügig zu begleichen. Samt Gebühren für Mahnungen, Bonitätsprüfung und «Verzugsschaden» summiert sich das auf rund 150 Franken. Davor waren ihm zwei Mahnbriefe ins Haus geflattert. Die ursprüngliche Forderung beläuft sich auf etwas mehr als 10 Franken. Eine Bestellung beim Online-Giganten Amazon. Doch der Mann sagt gegenüber «Espresso»: «Ich habe dort noch nie etwas bestellt.» Er meldet sich bei der Inkassofirma. Diese prüft den Fall – und löscht die Forderung. Grund: Betrug, wie sie ihm mitteilt.

Was steckt dahinter? «Espresso» will es genauer wissen. Die Inkassofirma Arvato Infoscore leitet die Anfrage weiter an ihr deutsches Mutterhaus Riverty. Dieses ist für das Inkasso von Amazon zuständig. Die Medienstelle von Riverty will sich nicht zum «Einzelfall» äussern. Sie schreibt: «Wir nehmen Sicherheitsmassnahmen äusserst ernst und ergreifen Vorsichtsmassnahmen, um betrügerische Aktivitäten zu verhindern. Wenn Unstimmigkeiten festgestellt werden, bitten wir unsere Kunden, sich umgehend an den Kundendienst zu wenden.» Ähnlich tönt es auch bei der Medienstelle von Amazon: Bei Betrugsverdacht solle man sich unbedingt beim Kundendienst melden. Und: Amazon habe zahlreiche Massnahmen ergriffen, um Betrugsversuche einzudämmen. Zum konkreten Fall äussert sich auch Amazon nicht.

Was sagt Inkasso Suisse dazu? Auch die Branchenorganisation Inkasso Suisse äussert sich nicht zum konkreten Fall. Sie weist aber auf ein bekanntes Problem im Onlinehandel hin: Identitätsmissbrauch. Jemand missbraucht Name und Adresse eines andern für eine Bestellung. Der unschuldige Betroffene hat dann die Rechnungen und Mahnungen für die unbezahlte Ware am Hals. Inkasso Suisse schreibt: «Auch wir merken, dass Fälle von Identitätsmissbrauch weiter zunehmen.»

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Weshalb unternimmt die Inkassofirma von sich aus nichts? Weil sie am Betrug ja schliesslich mitverdient, könnte man sich denken. Stichwort: Mahngebühren und Verzugsschaden. Doch Inkasso Suisse weist diesen Verdacht entschieden von sich: «Mitglieder von Inkasso Suisse übernehmen keine betrügerischen Forderungen.» Aber: Bei der Übernahme von Forderungen aus dem Onlinehandel gehe man grundsätzlich davon aus, dass sie berechtigt seien.

Wie können solche Fälle verhindert werden? «Die Lieferanten von Online-Gütern machen bereits viel, um solche Fälle zu verhindern. Sie sind aber nicht in der Lage, solche Identitätsdiebstähle vollständig auszuschliessen.» Und wenn der Betrug nicht auffliegt, wird die Forderung – oft automatisch – in die Inkassomühle gespült. In diesem Fall sei auch der Händler Opfer des Betrugs geworden.

Was sollen Betroffene tun? Rechnungen, Mahnungen und Zahlungsaufforderungen von Inkassofirmen genau prüfen. Unstimmigkeiten melden. «Die Mitglieder von Inkasso Suisse sind unbedingt auf eine Rückmeldung der Betroffenen angewiesen», schreibt der Branchenverband. Erst wenn ein Hinweis auf einen möglichen Identitätsmissbrauch vorliege, könne man aktiv werden. Arvato Infoscore, das Inkassobüro im vorliegenden Fall, ist Mitglied

Espresso, 25.06.24, 08:10 Uhr

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