«Ein Elektroauto mag zwar für Kurzstrecken ganz ok sein – sobald die Reise aber etwas weiter geht, wird es mühsam», denken Skeptiker. Sie sehen sich irgendwo im Ausland verzweifelt nach Ladestationen suchen und im schlimmsten Fall den Abschleppdienst rufen, weil die Batterie leer ist. Martin Bolliger kennt diese Vorbehalte.
Er ist Mobilitätsexperte beim TCS: «Vor allem Leute, die noch kein Elektrofahrzeug haben, sind verunsichert und fürchten, dass es unterwegs kaum Ladestationen hat.» Dabei finde man heute fast überall irgendwo eine Ladestation.
Es gibt ein Gefälle von Norden nach Süden.
Es geht voran
Je nachdem, wo die Reise hingeht, kann man sogar mit dem Elektroauto einfach mal ins Blaue losfahren. «Es gibt ein Gefälle von Norden nach Süden», sagt Martin Bolliger: «In Norwegen beispielsweise gibt es eine tolle Ladeinfrastruktur mit dreissig, vierzig Schnellladern an praktisch jeder Autobahnraststätte.» Auch in den Benelux-Staaten sei die Infrastruktur sehr gut.
Insgesamt stellt der TCS-Experte fest, dass das Reisen mit dem Elektroauto im Sommer 2022 noch deutlich anstrengender war als im Sommer 2023. So habe sich etwa in Italien, Frankreich und Portugal die Situation deutlich verbessert in den letzten zwölf Monaten. In Portugal gebe es ein eigenes staatliches, dichtes und zudem zuverlässiges Ladenetz. «Für mich war das die grosse Überraschung dieses Jahr», so der TCS-Experte, «als ich selbst ein paar Tage mit einem gemieteten Elektroauto in Portugal unterwegs war».
Ohne Vorbereitung kann es mühsam werden
Weitaus aufwendiger seien elektrische Autoreisen in Richtung Südosten: «In Kroatien geht es noch recht gut – aber spätestens in Bosnien und Herzegowina wird es eng mit den Ladestationen.» Hier sei eine gute Vorbereitung relevant, rät Martin Bolliger. Dazu gehöre unter anderem, dass man prüfe, wo entlang der Route die letzte Schnellladestation sei. Ausserdem seien grundsätzlich ein voller Handy-Akku und ein einigermassen grosses Datenpaket sinnvoll, da die Suche nach Ladestationen über Apps laufe.
Auch das ist ein Grund für Vorbehalte gegenüber der Elektromobilität: Es gibt noch kein einheitliches Bezahlsystem. Die Anbieter von Ladestationen haben eigene Apps und Bezahlkarten, mit welchen Strom getankt werden kann. Wer mit der App eines fremden Anbieters vorfährt, bezahlt teilweise zusätzliche Gebühren. Hier gilt es, sich über die verschiedenen Angebote zu informieren.
EU gibt Gas
In der EU geht es in Sachen Vereinheitlichung voran. Eine Verordnung verlangt einerseits, dass es entlang der wichtigen Verkehrsachsen bis 2025 mindestens alle 60 Kilometer Schnellladestationen gibt. In Deutschland sind damit beispielsweise die meisten Autobahnen und Bundesstrassen gemeint. In den Jahren darauf soll zudem das Ladenetz verdichtet werden, die Anbieter müssen im Sinne der Vergleichbarkeit die Strompreise anzeigen – und es soll mit Debit- oder Kreditkarte gezahlt werden können, sodass das Reisen mit dem Elektroauto irgendwann so unkompliziert sein wird, wie mit Benziner oder Diesel.