Wer unterwegs gerne Musik oder Podcasts hört, kennt das Problem: Strassenlärm beispielsweise oder auch Gespräche von anderen ÖV-Passagieren können den Hörgenuss trüben. Um etwas zu verstehen, muss man die Lautstärke ziemlich aufdrehen. Und das kann problematisch sein: «In einer australischen Feldstudie hat einer von fünf Buspassagieren die Lautstärke mit herkömmlichen Kopfhörern in einen besorgniserregenden Bereich hochgeschraubt», sagt Pascal Senn, Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik am Universitätsspital Genf.
Dieser Effekt verschwindet zu einem grossen Teil mit sogenannten Noise-Cancelling-Kopfhörern. Diese blenden den Hintergrundlärm aktiv aus: «Und man hört deutlich leiser», so Pascal Senn.
Fast alle hören weniger laut
Eine Studie aus Japan hat das 2022 deutlich aufgezeigt: Die Probanden mussten dort beispielsweise klassische Musik hören – einmal mit Hintergrundlärm, einmal ohne – und jeweils mit gewöhnlichen Kopfhörern und mit Noise-Cancelling-Kopfhörern. Die Resultate sind eindeutig: Fast alle 23 Teilnehmenden haben die Lautstärke bei Hintergrundlärm mit den herkömmlichen Kopfhörern stark aufgedreht. Mit Noise-Cancelling-Kopfhörern war es noch eine Person.
Insofern würden Noise-Cancelling-Kopfhörer zum Schutz des Gehörs beitragen, ist Pascal Senn überzeugt. «Zumindest ist das meine Meinung für den Moment und nach dem aktuellen Forschungsstand.»
Ist komprimierte Musik schlecht fürs Gehör?
Es ist aber nicht nur die Lautstärke an sich, die unser Gehör schädigen kann. Entscheidend ist auch die Dauer. Wer gerne ab und zu aufdreht, dem rät Pascal Senn, dies bewusst und zeitlich beschränkt zu tun. «Das Gehör kann sich erholen. Auch zwei, drei Festivals pro Jahr steckt man mit gesundem Gehör gut weg.»
Problematisch sei es, regelmässig über viele Stunden laut Musik zu hören. «Wenn es nach dem Musikhören pfeift im Ohr oder man einen vernebelten Kopf hat, sind das Zeichen dafür, dass es zu laut war.»
In den Fokus gerate in letzter Zeit auch die Art und Weise, wie Musik aufgenommen und abgespielt werde, sagt HNO-Chefarzt Pascal Senn. «Es scheint, dass komprimierte Formate wie etwa MP3 oder MP4 den Innenohrzellen weniger Pausen gönnen als analoge Musik. Und es gibt Hinweise darauf, dass dadurch das Innenohr und der Hörnerv stärker belastet sein könnten.»