Eine Lidl-Kundin aus Winterthur ist blind, ihre Einkäufe erledigt sie jeweils mit einer Begleitperson mit dem Auto. Neuerdings beschränkt sich die Parkdauer beim Discounter auf eine Stunde. Das wissen die beiden jedoch nicht – prompt flattert eine Busse von 40 Franken in den Briefkasten. Eine Stunde reicht für den Einkauf nämlich nicht.
Die Kundin findet heraus, dass der Parkplatz von der deutschen Firma Parkdepot betrieben wird. Sie erklärt der Firma ihre Situation und fragt nach einer Verlängerung der Parkzeit. Parkdepot zeigt sich kulant und erklärt ihr am Telefon, ein gültiger Behindertenausweis für Schwerbehinderte würde dafür genügen. Auch die Busse würde man ihr zurückerstatten.
IV-Ausweis reicht deutscher Firma nicht
Die Winterthurerin schickt eine Kopie ihrer ID und ihres IV-Ausweises per Mail an Parkdepot. Einen Behindertenausweis für Schwerbehinderte gibt es in der Schweiz nicht. Die deutsche Firma antwortet, das reiche nicht, sie müsse einen Behindertenausweis schicken.
Mehrere Telefonate mit dem Callcenter von Parkdepot und mehrere E-Mails bringen die Frau nicht weiter. Auch eine Bestätigung des Schweizerischen Blindenbundes reichen Parkdepot nicht als Beweis, dass die Frau blind ist. Mittlerweile sind einige Wochen vergangen, die Frau verzweifelt langsam und meldet sich beim SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Behindertenausweis existiert in der Schweiz nicht
Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband bestätigt gegenüber «Espresso», dass in der Schweiz kein sogenannter Behindertenausweis existiert. Auch kein Parkausweis für Schwerbehinderte, den Parkdepot im Mailverkehr verlangt.
«Espresso» schickt Parkdepot erneut alle Dokumente der Frau und möchte wissen, warum die Firma auf diesem Ausweis besteht, obwohl er in der Schweiz nicht existiert.
Entschuldigungen und Lösungen
Plötzlich geht es schnell und Parkdepot schreibt: «Wir bitten, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen – hier scheint uns ein Fehler unterlaufen zu sein und wir haben den Fall selbstverständlich storniert. Ebenso haben wir unser Vorgehen in Revision geschickt, damit dieser Fehler in Zukunft nicht mehr vorkommen kann. Wir treten mit der Hörerin bezüglich des weiteren Vorgehens in Kontakt.»
Parkdepot meldet sich kurze Zeit später bei der Winterthurerin und verspricht, die Busse zurückzuerstatten und die Parkzeit für sie zu verlängern.
Auch Lidl bedauert den Vorfall: «Er entspricht nicht unserem kundenorientierten Handeln. Lidl Schweiz legt grossen Wert auf einen äusserst kulanten Umgang mit Kundenreklamationen. Beschwerden dieser Art werden in der Regel umgehend und ohne weitere Diskussionen zugunsten der betroffenen Person erledigt. Auch unser externer Dienstleister Parkdepot ist angewiesen, Reklamationen in diesem Sinne zu behandeln.» Man nehme diesen Vorfall zum Anlass, Parkdepot nochmals zu sensibilisieren.