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Hohe Kosten bei problematischen Eternit-Dächern
Aus Espresso vom 19.04.2023. Bild: IMAGO / Blickwinkel
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Kurze Haftung für Bauschäden Schadhafte Eternit-Dächer werden für Hausbesitzer teuer

Nach Problemen mit der Befestigung müssen rund 200 Eternitdächer saniert werden – mit hohen Kosten für die Hausbesitzer.

Über 1500 Hausbesitzerinnen und -besitzer haben in den vergangenen drei Jahren schlechte Nachrichten erhalten. Sie haben ihr Dach mit Eternit-Platten des Typs Integral Plan gedeckt. Die von 2004 bis maximal 2016 verwendete zugekaufte Befestigungstechnik bereitet jedoch Sicherheitsprobleme. Schlimmstenfalls können sich Dachplatten lösen und herunterfallen.

Die Eternit Schweiz AG (seit April Swisspearl Schweiz AG) hat wie vorgeschrieben das Bundesamt für Bauten und Logistik umgehend über das Problem informiert. Dieses verfügte, dass Eternit die betroffenen Hausdächer zusätzlich sichern müsse. Dies ist unterdessen in den meisten bekannten Fällen geschehen – auf Kosten von Eternit.

Trotz Kulanz und Garantie: Hohe Kosten für Hausbesitzer

Inzwischen haben sich bei Eternit aber rund 200 Hausbesitzer gemeldet, deren Dach wegen schadhafter Integral-Platten zusätzlich saniert werden muss. Das Unternehmen schreibt auf Anfrage des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso»: «Innerhalb der zehnjährigen Garantiefrist deckt der Materialgutschein, wie in den AGB festgelegt, den Ersatz des gesamten schadhaften Materials ab. Ausserhalb der Garantiefrist bietet die Eternit (Schweiz) AG den Eigentümern freiwillig einen Kulanzbeitrag mittels Materialgutschein an.» Dessen Wert werde je nach Grösse und Alter des Daches berechnet.

Wenn im Vertrag zur Haftung des Lieferanten nichts anderes vereinbart wurde, dann gilt Werkvertragsrecht.
Autor: Hubert Stöckli Professor für Zivil- und Handelsrecht an der Universität Freiburg

Diesen Gutschein gibt es jedoch nur, wenn wieder Dachplatten von Eternit bezogen werden. Das stört einen «Espresso»-Hörer, der aufgrund einer längeren Vorgeschichte kein Vertrauen mehr in Eternit hat und ein anderes Produkt möchte. Auch müssen er und die anderen Betroffenen die Kosten für das Gerüst, weiteres Material und die Arbeit aus der eigenen Tasche bezahlen: «Wenn wir die Lösung von Eternit annehmen, bleiben wir auf Kosten von rund 33'000 Franken sitzen.»

Das liegt an der kurzen Verjährungsfrist von fünf Jahren für Bauschäden. Hubert Stöckli, Professor für Zivil- und Handelsrecht an der Universität Freiburg mit Spezialgebiet Baurecht sagt dazu: «Wenn im Vertrag zur Haftung des Lieferanten nichts anderes vereinbart wurde, dann gilt Werkvertragsrecht.» Das heisst, die «sehr, sehr kurze Frist von fünf Jahren beginnt zu laufen, sobald der Unternehmer das Dach fertig gedeckt hat.» Wenn diese Frist abgelaufen sei, sei es sehr schwierig noch irgendwelche Ansprüche durchzusetzen, sagt Stöckli.

Baumängel: Eternit wäre sowieso nicht haftbar

In den meisten Fällen hat ein Dachdecker das Dach mit Material von Eternit gedeckt. Wer haftet nun gegenüber dem Hausbesitzer für Baumängel? Der Baurechtspezialist sagt, das sei immer der Vertragspartner: «Wenn ich mit dem Dachdecker einen Vertrag habe, dann haftet dieser für seine Arbeit. Mit dem Materiallieferanten hat der Hausbesitzer keinen Vertrag. Er kann diesen deshalb auch nicht für die Baumängel haftbar machen.» Eternit wäre in den meisten Fällen also sowieso nicht haftbar.

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Für die betroffenen Hausbesitzerinnen eine unbefriedigende Situation. Hubert Stöckli rät daher bei Baumängeln gleich aktiv zu werden:  «Sobald man einen Mangel entdeckt, muss man diesen sofort beim Vertragspartner rügen.» Am besten schriftlich. Die Verjährungsfrist laufe allerdings trotz Rüge weiter. Sein Rat: «Wenn man kurz vor Ablauf der fünf Jahre steht, sollte man daher eine Anwältin oder einen Anwalt beiziehen.» Diese wüssten, wie man die Verjährungsfrist unterbrechen könne.

Espresso, 19.04.23, 08:13 Uhr

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